Der Präsident des Bundesverbands Deutscher
Zeitungsverleger (BDZV), Helmut Heinen, hat an Politik und Wirtschaft
appelliert, die elementare Aufgabe der Zeitungen in einer zunehmend
fragmentierten Gesellschaft nicht nur anzuerkennen, sondern auch zu
honorieren. „Zeitungen sind der Kitt unserer Gesellschaft“, sagte
Heinen heute anlässlich der Eröffnung des Zeitungskongresses 2010 in
Essen. Es nütze wenig, wenn die wichtige Rolle der Zeitungen in
Sonntagsreden gewürdigt werde, der Branche jedoch ein scharfer Wind
aus Politik und Wirtschaft entgegen blase, sobald es um vernünftige
und verlässliche Rahmenbedingungen gehe.
In einer Zeit, in der dank Internet und Online immer mehr
Nachrichten auf die Bürger ungefiltert einströmten, sehe er es als
besonders wichtige Aufgabe an, die Grundprinzipien der Zeitung zu
bewahren, sagte der BDZV-Präsident weiter, „also die glaubwürdige
Nachricht, die geprüfte Information, die seriöse Quelle“. Und dies
gelte unabhängig von der Frage, ob die Zukunft der Zeitung
langfristig in der Produktion gedruckter Ausgaben liege. „Die
Zeitungen bleiben die erste Adresse für kompetente und zuverlässige
Berichterstattung – von der großen Politik und Wirtschaft bis in die
kleinen Stadtteile hinein, und zwar gedruckt, online und mobil.“
„Voraussetzung dafür sind gute Rahmenbedingungen“, sagte Heinen
weiter. Die Verleger wollten nicht länger hinnehmen, dass aufwendig
produzierte Qualitätsinhalte der Verlage von Dritten kommerziell
genutzt würden, ohne dass dafür eine Vergütung zurückfließe. „Die
Verfolgung unserer Rechte im Internet muss durch eine gesetzliche
Regelung vereinfacht werden“, forderte Heinen. „Dafür brauchen wir
ein eigenes Leistungsschutzrecht.“ Auf der Basis dieses
Leistungsschutzrechts müssten zusätzliche Wege zur Refinanzierung von
Qualitätsinhalten im Netz gefunden werden. „Daran müssen auch Politik
und Wirtschaft ein hohes Interesse haben.“
Zu den Rahmenbedingungen gehöre auch, so der BDZV-Präsident
weiter, die Erhaltung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für
Presseerzeugnisse. Zeitungen seien „ein Grundnahrungsmittel, so
überlebensnotwendig wie Brot und Butter. Sie sind schlicht
unverzichtbar für die Information der Bevölkerung wie für das
Funktionieren unserer Demokratie.“ Von daher sei es nicht einzusehen,
dass der Staat die tägliche Zeitungsinformation überhaupt mit einer
Steuer belege. In anderen Ländern der Europäischen Union würden gar
keine Steuern auf den Verkauf von Zeitungen erhoben. „Daran sollten
wir uns ein Beispiel nehmen“, meinte Heinen.
Harte Kritik äußerte der BDZV-Präsident am Internet-Engagement der
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die mit ihren
gebühren-finanzierten Online-Auftritten jede Marktentwicklung
konterkarierten. Die Verbreitung von textbasierten Portalen oder Apps
über alle Verteilkanäle habe nichts mehr mit Rundfunk zu tun. „Es ist
ein Skandal, dass die Aufsichtsgremien den presseähnlichen Angeboten
grünes Licht gegeben haben“, meinte Heinen. Der sogenannte
Drei-Stufen-Test sei damit zu einer Alibi-Veranstaltung geworden. Der
BDZV-Präsident bekräftigte, dass die Zeitungsverleger mit allen ihnen
zur Verfügung stehenden juristischen und politischen Mitteln Front
gegen diese Praxis machen würden.
Eine Absage erteilte der BDZV-Präsident allen Vorschlägen, die
Presse wie in anderen europäischen Ländern über Subventionen zu
fördern. „Von einer solchen Praxis halte ich nichts. So etwas lehne
ich ab“, konstatierte der BDZV-Präsident. Staatsgeld für die Presse
verstoße gegen den Geist der auf Unabhängigkeit angelegten
Medienordnung. „Nur eine Gesellschaft ohne Frageverbote, die
rechtzeitig erkennt, welche neuen Herausforderungen auf sie warten,
kann sich im internationalen Wettbewerb an der Spitze halten und
damit ihren Bürgern alle Möglichkeiten der individuellen Entfaltung
gewähren.“
Die Zukunftsperspektiven der Zeitung sieht der BDZV optimistisch:
Rund 20 Millionen Menschen in Deutschland abonnierten oder kauften
täglich eine Zeitung. „Keine Haushaltsabgabe oder Rundfunkgebühr ist
dafür verantwortlich, sondern allein der freie Wille und Wunsch der
Leser.“ An einem durchschnittlichen Tag griffen rund 49 Millionen
Bürger zur gedruckten Zeitung. Die Reichweite liege bei knapp 70
Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung über 14 Jahren. Ferner
griffen mehr als 50 Prozent der Internetnutzer regelmäßig auf
Online-Zeitungsangebote zu. Spitzenwerte erreiche die gedruckte
Tageszeitung vor allem bei den so genannten Premium-Zielgruppen, den
Gutverdienenden (72,8 Prozent) und den Gutausgebildeten (75,8
Prozent). Aber auch Jugendliche und junge Leute, für die das Internet
mittlerweile eine sehr große Bedeutung habe, griffen zu 50 Prozent
zur gedruckten Information.
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