Essen, 05. September 2011****Das LAG Köln hat mit Urteil vom 29.03.2011 (12 Sa 1295/10) die Wirksamkeit einer Betriebsratsanhörung vor einer Verdachtskündigung verneint. Rechtsanwalt Dr. Oliver K.-F. Klug , Hauptgeschäftsführer des AGAD – Arbeitgeberverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e. V., hält diese Entscheidung für symptomatisch. „Selbst bei erwiesenen Diebstählen kommen die Gerichte gerne zu dem Ergebnis, dass die Kündigung trotzdem wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung unwirksam ist. Die Gerichte können sich damit leicht um „harte Urteile“ drücken bzw. die Arbeitgeber zu einem „Vergleich“ verurteilen“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Klug.
Der AGAD empfiehlt allen Unternehmen dringend, Betriebsratsanhörungen in solchen Fällen mit einem juristischen Beistand oder einem auf das Arbeitsrecht spezialisierten Branchenverband wie z. B. dem AGAD abzustimmen. Wichtig ist nach Ansicht von Rechtsanwalt Dr. Klug auch immer die „Sachverhaltssicherung“. Anschuldigungen und Bestätigungen von Zeugen sollten von diesen zeitnah – auch handschriftlich, wenn nötig – in der eigenen Sprache, also ohne imitiertem Juristendeutsch, aufgezeichnet werden. „Nur so lässt sich der Sachverhalt umfassend und justiziabel darstellen“, rät der AGAD-Hauptgeschäftführer.
Im vorliegenden Fall stand der Kläger unter Verdacht, mit anderen Mitarbeitern Firmeneigentum zum Nachteil des Arbeitgebers gestohlen zu haben. Auslöser des Verdachts waren Anschuldigungen der „Noch-Ehefrau“ des Arbeitnehmers. Im Anhörungsschreiben an den Betriebsrat hatte der Arbeitgeber vorgetragen, dass die Angaben der „Noch-Ehefrau“ durch einen anderen Mitarbeiter bestätigt worden seien. Diese Bestätigung durch einen anderen Mitarbeiter wurde vom Kläger bestritten. In einer von der 1. Instanz durchgeführten Beweisaufnahme bestritt dieser weitere Mitarbeiter ausdrücklich, den Verdacht der „Noch-Ehefrau“ bestätigt zu haben.
Der Arbeitgeber hat nicht Zeit und Ort (wann und wo und annäherndem Wortlaut) substantiiert vorgetragen, wann der weitere Mitarbeiter diesen Verdacht bestätigt haben soll. Daraus haben beide Instanzen eine fehlerhafte Anhörung des Betriebsrates abgeleitet. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Gründe mitteilen, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind. Diesen Kündigungssachverhalt muss er in der Regel unter Angabe von Tatsachen, aus denen der Kündigungsentschluss hergeleitet wird, so beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche Nachforschungen die Stichhaltigkeit prüfen kann. Die Anhörung wird unwirksam, wenn der Arbeitgeber falsche Informationen gibt und entlastende Umstände nicht mitteilt (BAG vom 13.05.2004 – 2 AZR 329/03).
Macht der Arbeitgeber Fehler, ist die Kündigung unwirksam und zwar unabhängig davon, ob und wie der Betriebsrat zu der mangelhaften Anhörung Stellung genommen hat.