Westfalenpost: ZuÄgypten

Drehen wir die Zeit um vier Wochen zurück. Tunesien?
Kein Thema. Die Lage im Land politisch stabil, die Wirtschaft auf
einem guten Weg, die Touristen zu Tausenden auf Sonnensuche. Auch
Ägypten. Alles wie immer. Hoch die Tassen in Hurghada. Die rasante
Entwicklung in den Ländern zeigt eines. Wir wissen nichts über sie.
Es sind beliebte Urlaubsziele, in denen wir uns vom Alltag zu Hause
erholen wollen. Einen Alltag, den die Mehrheit der Tunesier und
Ägypter so nicht kennt.

Tausende leiden Hunger, kämpfen ums
Überleben, sind ohne Arbeit und Perspektive. Sie litten und leiden
unter autoritären Regimes, die Menschenrechte mit Füßen treten und
kritische Stimmen mit Folter und Gefängnis ausschalten. Ihren eigenen
Clans und Cliquen aber füllen sie raffgierig über Jahrzehnte die
Taschen. Randvoll. Sozialer Sprengstoff, der mit einem Funken zur
Explosion kommt. Für die Menschen in Tunesien war die
Selbstverbrennung eines jungen Arbeitslosen dieses Signal. Ein Signal
dafür, das Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Sie spüren,
gemeinsam ist ein Wandel möglich. Mit einer Botschaft: Wir sind das
Volk. Ob 2011 das Jahr 1989 für die Länder in Nordafrika und im Nahen
Osten wird, bleibt abzuwarten. Die Machthaber in Marokko, Algerien
und im Jemen sind alarmiert. Sie fürchten den Domino-Effekt. Zu
Recht. Tausende stören sich auch hier nicht mehr an
Demonstrationsverboten. Sie protestieren gegen die Missstände im Land
– und nicht gegen die USA. Es brodelt. Zu früh, von einem
Flächenbrand zu reden. Der Funken auf der Suche nach Freiheit und
Gerechtigkeit aber fliegt. Wer weiß, was in den nächsten vier Wochen
passiert?

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