Westfalenpost: Martin Korte zur Kritik Merkels an Pegida

Ist das nicht ein Armutszeugnis? Kanzlerin Merkel
hat für 2015 das Projekt „Wir sprechen mit den Bürgern über ihre
Sorgen“ gestartet. Dass die Regierung mit dem Volk permanent im
Dialog steht, sollte selbstverständlich sein – in Deutschland muss es
angeordnet werden. „Ihr da oben, wir hier unten“ – dieses Gefühl der
Machtlosigkeit, des Nicht-ernst-genommen-werdens hat bei den Menschen
sicher nicht abgenommen, seitdem die Große Koalition das Land führt.
Radikale, Pegida und AfD nutzen diese Stimmung, um diffuse Ängste zu
schüren – vor der Islamisierung des Abendlandes, vor der Überfremdung
der Heimat, vor der Gefährdung unseres Wohlstands. Selbstverständlich
sind nicht alle Teilnehmer der Pegida-Demos „Nazis in Nadelstreifen“.
Aber alle, die sich diesen Protesten anschließen, müssen wissen, dass
sie von Rechtsradikalen und Fremdenfeinden instrumentalisiert werden.
Es ist die Pflicht der Politik, den Sorgen und Ängsten der Menschen
mit Fakten zu begegnen, nicht mit Vorurteilen. Vor dem Dialog mit dem
Volk sollte Merkel vielleicht noch ein ernstes Gespräch mit dem
Koalitionspartner CSU führen, der mit der platten Floskel „Wer
betrügt, fliegt“ die Basis für unreflektierte Ausländerfeindlichkeit
gelegt hat. Und sie sollte öffentlich sagen, was sie von solchen
Sprüchen hält. Radikale, gewalttätige Islamisten müssen mit allen
Mitteln des Rechtsstaates bekämpft werden. Aber erstens wird
Deutschland nicht vom Islam überrollt, und zweitens riskieren wir
durch die Aufnahme von Flüchtlingen nicht unseren Wohlstand. Das sind
Fakten. Pegida gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Eine
Politik, die den Menschen nicht zuhört, auch.

Pressekontakt:
Westfalenpost
Redaktion

Telefon: 02331/9174160