Wenn sogar Umweltverbände lobende Worte für eine
Klimakonferenz finden, kann es eigentlich kaum ein Haar in der Suppe
geben. In der Tat, die Mammutrunde der 194 Staaten und 15 000
Delegierten in Cancún hat nach 14 Tagen mehr vorzuweisen als viele
bisherige (und künftige) Großpalaver dieser Art. Der überraschende
Ausgang des Mexiko-Meetings hat den Multilateralismus der Vereinten
Nationen, letztlich deren Funktionieren gerettet. Ein längst verloren
geglaubtes Vertrauen in die Brauchbarkeit von UN-Verhandlungen ist
ausnahmsweise einmal gestärkt worden. Boliviens einsames Nein war
bedeutungslos. Trotz fehlender Einstimmigkeit sprach die Welt am Ende
mit einer Stimme. Kurios, aber hinnehmbar: Der Klimaschutz selbst,
der 2009 in Kopenhagen noch als gleißende Monstranz über alles
erhoben wurde, ist in Cancún nur ein kleines Stück vorangekommen.
Hier muss in den kommenden Jahren noch reichlich Verhandlungsarbeit
geleistet werden. Die lippische Staatssekretärin Gudrun Kopp hat
Recht behalten. Sie hatte im Interview mit dieser Zeitung von diesmal
sehr viel niedrigeren Erwartungen an die Konferenz und neuen
entwicklungspolitischen Teilzielen während der Beratungen gesprochen.
Am Ende gab es beides: Das Klimaziel einer maximalen Erderwärmung von
zwei Grad wurde in UN-Dokumenten verbindlich formuliert, zum anderen
wird das Kyoto-Protokoll fortgeschrieben. Selbst die USA und China
werden indirekt an die Klimakandare genommen. Keine Frage: Schon in
den nächsten Tagen werden die Klagen und üblichen Ja-aber-Erklärungen
wieder einsetzen. Das kann nicht überraschen. Nach der Symbolpolitik
ist jetzt Sachpolitik gefordert. Bestes Beispiel: der grüne Fonds.
Beschlossen ist ein Klimaschutzfonds, noch auszuhandeln ist aber,
woher das Geld dafür eigentlich kommen soll. Auch das neue
Waldschutzprogramm ist auf den ersten Blick ambitioniert. Vielerlei
Fußangeln wie Korruptionsanfälligkeit und Etikettenschwindel werden
aber erst bei der praktischen Umsetzung erkennbar. Nur wenn die
biologische Vielfalt unter dem Strich zunimmt, darf ein Projekt
zugelassen werden. Begrüßenswert ist die Entscheidung, die
Landwirtschaft in weniger entwickelten Weltgegenden gezielt zu
stärken, ökologische Projekte und Entwicklungsziele grundsätzlich als
Einheit zu sehen und Jahrhundertfluten wie in Pakistan als
Herausforderung an den Abbau von CO2-Emissionen zu begreifen.
Erfahrungen mit dem anfangs hochgelobten Zertifikate-Handel müssen
eine Warnung sein. Undurchsichtige Milliardengeschäfte mit
Regenwaldprojekten oder die Umschichtung ohnehin geplanter Ausgaben
zeigen, was zu vermeiden ist. Was aber zu tun ist, bleibt offen.
Hierzu Antworten bereits von der Mammutkonferenz zu erwarten, wäre zu
viel verlangt gewesen. Der Klimaschutz geht weiter. Durban 2011 darf
auf keinen Fall wieder hinter Cancún zurückfallen.
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Andreas Kolesch
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