Es ist schon ein starkes Stück, wenn ein
Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber verklagt. Das Tischtuch ist
zerschnitten, an ein normales Arbeitsverhältnis nicht mehr zu denken.
Da ist die fristlose Kündigung des Beschäftigten eine logische Folge.
Oder etwa nicht? Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte hat im konkreten Fall anders entschieden. Und das ist
gut so. Wenn es um die Aufdeckung von Missständen geht – hier der
Personalengpass in einem Altenheim – muss ein Arbeitnehmer auch zu
diesem drastischen Schritt ein Recht haben, ohne dafür Strafe
fürchten zu müssen. Missstände, bei denen Beschäftigte eines
Unternehmens laut »Stopp« rufen sollten, gibt es viele. Sei es der
Schmiergeldskandal bei Siemens, der Bilanzbetrug bei Schieder oder
der Abhörskandal bei Murdoch. Hier erwartet die Justiz von
Mitarbeitern sogar, dass sie diese Dinge öffentlich machen. Und doch
ist das aktuelle Urteil kein Freibrief für Querulanten. Nicht jeder
Streit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer rechtfertigt eine Klage
vor Gericht. Unterm Strich bleibt: Die Rechte der Arbeitnehmer wurden
gestärkt.
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Andreas Kolesch
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