Dass Deutschland den derzeit bedauernswerten
Spaniern dabei hilft, deren mangelhaftes Berufsbildungssystem zu
verbessern – ausgezeichnet! Das ist gerade in diesen aus den Fugen
geratenen Zeiten der europäischen Gemeinschaftsidee ein gutes Signal.
Dass Bildungsministerin Annette Schavan aber gleich vorschlagen muss,
junge Iberer mehr als 2000 Kilometer Richtung Nordeuropa zu schicken,
um ihnen in Deutschland eine Ausbildung zu ermöglichen – nun ja. Mit
dem Vorschlag verhält es sich wie mit so vielem, was in der immer
hektischer tickenden Medienrepublik täglich so an angeblich tollen
Ideen produziert werden: Ihnen allen mangelt es an Realitätsbezug.
Klar: Es werden sich gewiss mutige oder ausreichend verzweifelte
Iberer zwischen 16 und 18 Jahren finden, die sogar nach Deutschland
gehen würden, um Kaufmann, Systemtechniker oder Tischler zu lernen.
Aber damit wird weder Spanien gerettet werden – und schon gleich gar
nicht löst man damit das Fachkräfte-Problem. In Wahrheit ist es so,
dass sowohl Politik als auch Wirtschaft den absehbaren
Fachkräfte-Mangel lange Zeit einfach nicht ernst genug genommen
haben. Es waren ja genug junge Menschen da, die sich um freie Stellen
gebalgt haben. Jetzt aber, wo sich zwei Probleme überlagern, bricht
plötzlich Hektik aus. Problem Nummer 1: Es kommen weniger Kinder zur
Welt. Deshalb gibt es auch weniger Schulabgänger, die eine Lehre
anstreben. Problem Nummer 2: Die jungen Leute bringen immer weniger
die Fähigkeiten mit, die Unternehmen als notwendig ansehen. Kurzum:
Es gibt weniger Bewerber, die vielen Firmen auch noch zu schlecht
ausgebildet sind. Der Ausweg besteht darin, massiv in Ausbildung und
Bildung zu investieren. Dass die Wirtschaft das verstanden hat,
beweisen die deutlich gestiegenen Zahlen an neuen Ausbildungsplätzen.
Firmenchefs, vor allem im Mittelstand, haben verinnerlicht, dass sie
sich ihre Fachkräfte selber heranbilden müssen. Gegen den einen oder
anderen Spanier hat dabei gewiss niemand etwas einzuwenden – doch den
Eindruck zu erwecken, das Fachkräfte-Problem wäre vor allem mit dem
Zuzug von Ausländern zu lösen, ist wenig hilfreich.
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