Nachdem der Chaos-Computer-Club unlängst
Sicherheitslücken bei Internetgeschäften mit dem neuen
Personalausweis aufgedeckt hatte, haben jetzt Gymnasiasten im
Physikunterricht das Sicherheitssystem, das die personenbezogenen
Daten speichert, ausgehebelt. Darüber berichtet heute abend das
WDR-Wirtschaftsmagazin „markt“ (21 Uhr, WDR Fernsehen). Die
Neuntklässler deaktivierten den Chip, der in jedem neuen Ausweis
steckt. Er speichert biometrische Informationen, damit Unbefugte, die
einen gestohlenen Ausweis für eine neue Identität nutzen wollen, bei
elektronischen Ausweiskontrollen entlarvt werden. Um die
Informationen bei einer Testversion des Ausweises de facto zu
löschen, reichten den 14- und 15jährigen einfachste Hilfsmittel wie
eine Einweg-Fotokamera, Lötkolben und Schraubenzieher.
Der Ausweis kostet 28,80 Euro und ersetzt ab November die nur acht
teure alte Variante. Die Mehrkosten begründet die Bundesregierung mit
einem höheren Sicherheitsniveau. Daran gibt es immer mehr Zweifel.
Den Chip, auf dem man mittels Fingerabdruck und biometrischem Foto
unverwechselbare persönliche Informationen hinterlegen kann,
deaktivierten die Schüler des Grevenbroicher Pascal-Gymnasiums unter
Anleitung ihres Lehrers bei einem von der WDR-Redaktion „markt“
initiierten Sicherheitstest innerhalb von nur zwei
Unterrichtsstunden. Ihre Kenntnisse stammten aus dem Internet, wo
bereits Gebrauchsanweisungen zur Chip-Deaktivierung kreisen.
Während ein Vertreter des Bundesamtes für Sicherheit in der
Informationstechnik bestritt, dass der Hochleistungschip so leicht zu
zerstören sei, ist dem Ausweismissbrauch nach Ansicht anderer
Sicherheitsexperten damit weiter Tür und Tor geöffnet. Constanze Kurz
vom Chaos-Computer-Club bestätigte, für gute Schüler ab der 8. Klasse
sei eine Chip-Deaktivierung „keine große Schwierigkeit“. Ein Ausweis
bleibt auch ohne funktionsfähigen Chip bei Kontrollen gültig: „Das
Gesetz redet davon, dass der Fingerabdruck freiwillig und zusätzlich
ist. Wenn er nicht ausgelesen werden kann, etwa weil der Chip defekt
ist, hat das keine Konsequenzen!“, erklärte Stefan Becker vom Bund
der Kriminalbeamten gegenüber dem WDR.
Bereits vor drei Wochen berichtete das ARD-Wirtschaftsmagazin
„plusminus“ über eine Sicherheitslücke. Mitglieder des
Chaos-Computer-Clubs hatten demonstriert, wie Unbefugte
Internetgeschäfte, die durch den elektronischen Personalausweis
eigentlich an Sicherheit gewinnen sollen, mittels einfachster Technik
nachvollziehen und so an wichtige Informationen wie Geheimnummern
oder Bankdaten kommen können.
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