WAZ: Zweiter Schritt vor dem ersten – Kommentar von Tobias Bolsmann

Im Rheinland gibt es ein geflügeltes Wort: Et hätt
noch immer jot jejange. Das kann auch für das Stromnetz seine
Gültigkeit haben. Kommt ein milder Klimawandel-Winter, flackert kein
Licht. Dann kann alle Welt sagen: Ist doch gut gegangen mit der
Stromversorgung. Doch dass die Bundesnetzagentur selbst bis nach
Österreich schauen muss, um einer Lücke vorzubeugen, offenbart einen
schwerwiegenden Fehler bei der von der Bundesregierung verordneten
Energiewende. Sie hat den zweiten Schritt vor dem ersten gemacht.
Selbstverständlich kann man auf die Atomkraft verzichten – aber erst
dann, wenn genügend andere Kapazitäten zur Verfügung stehen. Doch das
ist – auch von den Energiekonzernen – versäumt worden. Schließlich
deckt sich der schwarz-gelbe Atomausstieg zeitlich beinahe mit dem
rot-grünen von 2000. Die angestrengte Suche nach der Kaltreserve
offenbart noch etwas: Der Weg zur Energiewelt, die sich aus
natürlichem Strom zusammensetzt, führt zu einem guten Teil über die
Kohle. Kein Atom und keine Kohle – dann gehen die Lampen doch aus.

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de