Das Verfassungsgericht hat das Mitspracherecht des
Bundestags bei Rettungspaketen für Griechenland gestärkt. War das
notwendig? Man könnte es ja auch so sehen: Wenn der parlamentarische
Konsens stets abrufbar bereitsteht und man sicher sein kann, dass
auch noch das dritte oder vierte Griechen-Paket mit ähnlichen
Mehrheiten wie zuletzt am Montag durchgeht – warum dann das Plenum
überhaupt behelligen? Überlassen wir doch die ganze Euroretterei,
soweit sie den Bundestag betrifft, einem Gremium von Experten.
Pragmatisch wäre es. Doch Funktionsfähigkeit, mahnte das Gericht, sei
in der Demokratie kein Selbstzweck. Zu den Pflichten des Abgeordneten
zählt, seine Rechte nicht zu veräußern. So lässt sich das Urteil auch
als Kontrapunkt lesen zum tags zuvor erneut manifestierten
Angstkonsens im Bundestag. Wenn dann die selben Abgeordneten das
Urteil feiern, die zuvor das gerügte Gesetz einhellig beschlossen
hatten, so ist dies keine neue Erfahrung. Das Parlament immer wieder
zur Selbstverantwortung zu ermutigen, ist inzwischen gute Karlsruher
Tradition.
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