WAZ: Israelis rebellieren. Kommentar von Gil Yaron

Im Jahr 1971 prägte Israels Außen- und
Verteidigungsminister Mosche Dayan ein Diktum: Das Volk könne sich
nicht gleichzeitig hinter zwei Fahnen sammeln – die eine stand für
den Kampf um das Überleben Israels und die andere für soziale
Gerechtigkeit. Angesichts der Bedrohung von Seiten der arabischen
Nachbarn müssten sich die Israelis auf die Verteidigung
konzentrieren. Schon kurz nach der Staatsgründung sprachen
Volkslieder davon, dass man „Kanonen mehr als Strümpfe“ brauche. Seit
der Staatsgründung überschattet die Bedrohung von außen die inneren
Probleme des Landes. Rechte und Linke unterschieden sich nur in einer
Frage – wie sie gedachten, den Konflikt mit den Palästinensern zu
lösen. Über Wirtschafts- und Sozialfragen fanden fast nie Debatten
statt.

Das war ein Fehler. Israels Mittelschicht fordert einen neuen
Gesellschaftsvertrag. Sie tut das auf die besondere israelische
Weise: frech, originell, spontan, desorganisiert und friedlich. Doch
ihre Forderungen sind für den Regierungschef schwer zu erfüllen: „Wir
sind bereit, für dieses Land zu sterben“, sagte ein
Studentensprecher. „Netanjahu, ermögliche uns aber wenigstens, hier
auch zu leben.“

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