WAZ: Fragwürdige Steuerpläne – Kommentar von Stefan Schulte

Dass der Aufschwung die zuletzt jäh verstummte
Steuersenkungsdebatte neu entfachen würde, stand zu erwarten. Die
Union betont, es gehe ihr nur um eine Vereinfachung des
Steuersystems. Daran wäre nichts auszusetzen, außer der Begründung,
die Konjunktur gebe dafür die Spielräume. Für eine Steuerreform, die
unsinnige Ausnahmen abschafft und für mehr Gerechtigkeit sorgt, ohne
neue Schulden zu verursachen, gibt es keinen falschen oder richtigen
Zeitpunkt. Wer schlüssige Ideen hat, wird sie durchsetzen – in der
Krise wie im Aufschwung. Das lässt sich nur leider nicht für jedes
Detail sagen. Warum Eltern von erwachsenen Kindern, die bereits
selbst für ihr Auskommen sorgen, noch Kindergeld erhalten sollen, ist
schleierhaft. Ebenso der Ansatz, dass Eltern Kinderbetreuungskosten
grundsätzlich absetzen können, egal, ob sie die Betreuung auch
benötigen. Die FDP fordert zudem, Steuerberater wieder absetzen zu
können – also die Wiedereinführung einer Steuervermeidungs-Subvention
für Besserverdiener. Auf eine „Steuervereinfachung“ dieser Art kann
man auch im Aufschwung verzichten.

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