WAZ: Ein Stück Gerechtigkeit – Kommentar von Eva Arndt

Es scheint so, als habe die Justiz in Mailand nur
auf die Entscheidung des Verfassungsgerichts gewartet, um endlich
wieder Ermittlungen gegen Italiens Ministerpräsidenten Silvio
Berlusconi aufnehmen zu können. Kaum ist die Immunität gegen den
Premier aufgehoben, da wird gegen ihn in einer Sache ermittelt, die
auch jeden anderen italienischen Staatsbürger mit der Justiz
konfrontiert hätte: Amtsmissbrauch und Beihilfe zur Prostitution.
„Das Gesetz ist für alle gleich“ hatten Demonstranten erleichtert
gerufen, nachdem die Verfassungsrichter entschieden hatten, dass es
für Berlusconi und seine Minister keine generelle Immunität geben
darf. Die Versuche des Regierungschefs, durch neue Gesetze, die auf
ihn zugeschnitten sind, der Justiz zu entgehen, lässt viele Italiener
mittlerweile – je nach Temperament – verzweifeln, resignieren oder
wütend werden. Die Unruhen im Dezember, als Berlusconi, womöglich mit
gekauften Stimmen, nur knapp ein Misstrauensvotum überstand, zeigen,
wie groß der Unmut inzwischen ist. Mit ihrem Urteil haben die Richter
den Italienern ein Stück Gerechtigkeit zurückgegeben.

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