Verteidigungsministerium verschweigt Bundestag Millionenaufträge an Berater

Wehrressort räumt unvollständige Antwort auf parlamentarische
Anfrage ein / McKinsey und andere Beratungsfirmen profitierten von
Unteraufträgen

Berlin, 22. Januar 2020 – In der Berater-Affäre hat das Verteidigungsministerium
eingeräumt, den Bundestag in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage zu
Aufträgen an Beratungsfirmen nicht vollständig informiert zu haben. Das
berichtet das Wirtschaftsmagazin –Capital– (Ausgabe 2/2020, EVT 23. Januar). Auf
Anfrage des Magazins bestätigte das Ministerium drei Aufträge an die
bundeseigene Beratungsfirma PD – Berater der öffentlichen Hand (PD), die in der
Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage vom Oktober 2019 fehlen. Das
Gesamtvolumen der nicht erwähnten Aufträge aus den Jahren 2017 und 2018 beläuft
sich nach Angaben des Ministeriums auf mehr als vier Millionen Euro. Ãœber
Unteraufträge landete ein Teil dieser Summe bei privaten Consultingfirmen,
darunter auch McKinsey.

In der Kleinen Anfrage hatte die FDP-Bundestagsfraktion um eine Auflistung der
Aufträge der Bundesministerien an die bundeseigenen Beratungsgesellschaften
BwConsulting und PD gebeten. In der Antwort der Bundesregierung (Drucksache
19/13804) führte das Verteidigungsministerium zwar seine Aufträge an die
BwConsulting auf, nicht aber jene an die PD. Auf Anfrage von –Capital– bestritt
das Ministerium, das Parlament absichtlich getäuscht zu haben. Dass es seine
Aufträge an die PD nicht gemeldet hat, begründete eine Sprecherin mit einer
anderen Interpretation der entsprechenden Frage der FDP-Fraktion.

Die FDP äußerte scharfe Kritik an der Informationspolitik des Wehrressorts unter
Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). „Wenn die Exekutive dem Parlament
die lange Nase zeigt und es nicht korrekt informiert, dann ist das ein
grundsätzliches Problem“, sagte die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes
Strack-Zimmermann gegenüber –Capital–. Die Antwort des Ministeriums sei
„respektlos gegenüber dem Parlament“. Strack-Zimmermann warf dem Wehrressort
vor, die Arbeit des Untersuchungsausschusses zur Berater-Affäre zu behindern,
indem es Informationen zurückhalte wie etwa auch im Fall der gelöschten
Handydaten von Ex-Ministerin Ursula von der Leyen (CDU). „Wenn sich so etwas
häuft, dann glaube ich nicht mehr an Zufälle“, sagte die FDP-Abgeordnete.

Die Geschäfte des Wehrressorts mit der PD, die von Bundesministerien ohne
Ausschreibung beauftragt werden kann, sind vor dem Hintergrund der
Berater-Affäre für den Bundestag von großem Interesse. Das gilt insbesondere für
ein Projekt aus dem Sommer 2018, bei dem die PD wie eine Drehscheibe für einen
Auftrag des Verteidigungsministeriums wirkt. Bei dem Projekt mit einem
Auftragsvolumen von 1,3 Mio. Euro zuzüglich Mehrwertsteuer ging es um
Unterstützung einer internen Arbeitsgruppe zur geplanten Reform des
Beschaffungswesens der Bundeswehr. Nachdem sie vom Ministerium mit dem Projekt
beauftragt worden war, holte die PD die Strategieberatung McKinsey als
Subunternehmer an Bord. Laut Vertragsunterlagen, die –Capital– vorliegen, sollte
McKinsey 1,036 Mio. Euro zuzüglich Mehrwertsteuer erhalten – also nahezu den
kompletten Auftragswert.

Auch bei den beiden anderen Aufträgen an die PD, die in der Antwort auf die
Kleine Anfrage der FDP fehlen, flossen Teile der Auftragssumme an private
Beratungsfirmen. So kam bei einem Gutachten zur europäischen Rüstungsindustrie,
das das Wehrressort im Jahr 2017 für 0,8 Mio. Euro bei der PD bestellte, im
Unterauftrag die Beratungsfirma Roland Berger zum Zuge. Für ein Projekt zur
Personalstrategie der Bundeswehr mit einem Volumen von rund 2 Mio. Euro im
selben Jahr schaltete die PD als Unterauftragnehmer die Boston Consulting Group
ein. Wie hoch die Anteile der Subunternehmer in diesen Fällen waren, wollten auf
Anfrage weder das Verteidigungsministerium noch die PD beziffern.

Eine PD-Sprecherin verwies darauf, dass die PD Rahmenverträge mit den
Consultingfirmen McKinsey, Roland Berger und Boston Consulting Group
abgeschlossen habe. Im Rahmen des geltenden Vergaberechts seien
„Unterbeauftragungen unterschiedlicher Projektanteile möglich“. Bei allen drei
Aufträgen des Verteidigungsministeriums wurde nach Darstellung der PD-Sprecherin
unter den drei Rahmenvertragspartnern ein „Mini-Wettbewerb“ durchgeführt und
dann der jeweilige Gewinner beauftragt. „Die PD bewegt sich ausschließlich in
den Grenzen des gültigen Vergaberechts“, betonte die PD-Sprecherin.

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Thomas Steinmann, Redaktion –Capital–,
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