US-Notenbank-Chef Bernanke hat Krise „eher
verschärft“ / Einführung einer Zinsobergrenze gefordert / Schwaches
Wirtschaftswachstum und hohe Arbeitslosigkeit bis mindestens 2017
befürchtet
Hamburg, 17. April 2011 – Die Ökonomin und Bestseller-Autorin
Carmen Reinhart wirft dem US-Präsidenten Barack Obama mangelnde
Tatkraft vor. Im Interview mit dem Wirtschaftmagazin –Capital–
(Ausgabe 5/2011, EVT 20. April) kritisierte Reinhart, die am
Washingtoner Peterson Institute for International Economics tätig
ist: „Obama hat umfangreiche Versprechungen gemacht, von denen er bis
dato wenige halten konnte. Je mehr politisches Kapital und Vertrauen
er verspielt, desto schwieriger wird es für ihn.“
Obamas Plan, die US-Ausfuhren innerhalb der nächsten fünf Jahre zu
verdoppeln, wird der Ökonomin zufolge nicht ausreichen, um die
US-Wirtschaft zu retten. „Ich bin skeptisch, dass uns allein eine
Ankurbelung der Exporte aus dem Sumpf zieht“, sagte sie. „Ich fürchte
tatsächlich, dass sich das schwache Wachstum und die hohe
Arbeitslosigkeit bis ins Jahr 2017 oder noch länger fortsetzen
könnten.“
Ihre trotz der aktuellen Wachstumsindikatoren pessimistische
Prognose begründete Reinhart gegenüber –Capital– damit, „dass sich
die USA neben dem normalen Konjunkturzyklus in eine Schuldenfalle
manövriert haben“. Der Schuldenstand werde im kommenden Jahr
voraussichtlich 15 Billionen Dollar betragen und damit die jährliche
Wirtschaftsleistung übertreffen.
Mit verantwortlich für diese Entwicklung macht Reinhart den
US-Notenbank-Chef Ben Bernanke. Dieser habe mit seiner Lockerung der
Geldpolitik und den massiven Ankäufen von Staatsanleihen die Krise
eher verschärft. „Ich sehe das sehr skeptisch. Wenn die Droge
Staatsverschuldung abgesetzt wird, werden die Entzugserscheinungen
qualvoll sein.“
Im Kampf gegen die Schulden-Krise fordert Reinhart im
–Capital—Interview entschlossenes Handeln. „Um beim Abbau der
Staatsschulden überhaupt eine Chance zu haben, müssen wir
Finanzmarktregeln einführen, wie es sie in Amerika etwa nach dem
Zweiten Weltkrieg gab – damals existierten Zinsobergrenzen.“ So sei
es in der Nachkriegszeit den USA und Großbritannien dank negativer
Realzinsen gelungen, Staatsschulden von rund 100 beziehungsweise 200
Prozent des Bruttoinlandsproduktes abzubauen.
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Christian Baulig, Chefredaktion –Capital–,
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