Unternehmen in Deutschland tun zu wenig für die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf. Lediglich acht Prozent der Frauen sind der
Meinung, dass ihr Betrieb alle dafür wesentlichen Leistungen
bereithält. Nur 13 Prozent der Männer mit Kindern fühlen sich von
ihren Unternehmen aktiv dabei unterstützt, ausreichend Zeit für ihre
Familien zu finden. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Exklusivumfrage
der Unternehmensberatung A.T. Kearney unter knapp 1.800 Personen aus
mehr als 400 Unternehmen. Erstmals wurden in der Umfrage Mitarbeiter
über die Familienfreundlichkeit ihres jeweiligen Arbeitgebers
befragt. Beteiligt waren das Wissenschaftszentrum Berlin für
Sozialforschung, das Infas Institut für angewandte Sozialforschung
sowie in Kooperation das Institut für Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit.
Defizite gibt es aber nicht nur bei der Flexibilisierung der
Arbeitszeit und beim Angebot familienfreundlicher Maßnahmen wie
Auszeiten und Weiterbildung in der Elternzeit: Teils herbe Kritik
richtet sich auch gegen eine ausgeprägte Präsenzkultur sowie gegen
unzureichende Informationen über bestehende Programme.
„Gesellschaftlicher Anspruch und betriebliche Wirklichkeit liegen
beim Thema familienfreundliche Unternehmen weit auseinander“, sagt
Dr. Martin Sonnenschein, Partner und Managing Director Central Europe
von A.T. Kearney. Nur 15 Prozent der Beschäftigten sind mit der
offenen und umfangreichen Kommunikation über familienfreundliche
Angebote in ihrer Firma zufrieden. Angst vor Arbeitsplatzverlust oder
Abstieg einer der Hauptgründe, warum Beschäftigte nicht auf
bestehende familienfreundliche Maßnahmen in ihren Unternehmen
zurückgreifen. Teilzeit ist für Frauen der Karriere-Killer Nummer
eins.
Erstmals wurden in der Umfrage Mitarbeiter über die
Familienfreundlichkeit ihres jeweiligen Arbeitgebers befragt. Die
Studie bescheinigt Unternehmen eine bislang weitgehend unterschätzte
Rolle besonders bei der Gestaltung individueller Arbeits- und
Auszeiten. Dabei zahlt sich nach Überzeugung von A.T. Kearney eine
familiengerechte Kultur für die Firmen aus. „Familien sind für
Unternehmen von existenzieller Bedeutung. Sie bestimmen die Zukunft
mehr als Politik oder Staat. Aber ihre Rolle wird verkannt. Ein
familienfreundliches Image scheint vielen Unternehmen wichtiger zu
sein als gelebte Realität“, kritisiert Zentraleuropachef
Sonnenschein.
Rollenmodelle sind Mangelware
Die überwiegende Mehrheit der Befragten in der Studie (83 Prozent)
ist der Überzeugung, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in
ihrem Unternehmen noch keine Selbstverständlichkeit ist. Nur 11
Prozent der Frauen mit Kinderwunsch zwischen 30 und 40 Jahren finden,
dass sich Führungskräfte in ihrem Betrieb „glaubhaft und nachhaltig“
für die Vereinbarkeit von Familie oder Kindern und Beruf einsetzen.
Lediglich jede fünfte beschäftigte Frau mit Kind in Deutschland
ist mit dem Angebot flexibler Heimarbeit zufrieden. Noch weniger
Mitarbeiter (18 Prozent), die in Haushalten mit mindestens vier
Personen leben, äußern sich positiv über die angebotenen
Möglichkeiten für Heimarbeit. 81 Prozent der Beschäftigten mit einem
Kind unter sechs Jahren vermissen ausreichend Job Sharing-Angebote.
Dafür sind 70 Prozent der Frauen der Meinung, ihr Betrieb lege sehr
hohen Wert auf die persönliche Anwesenheit am Arbeitsplatz.
Generell befürchtet fast jede dritte Frau in Deutschland, dass die
Entscheidung für Familie gleichbedeutend ist mit einem Votum gegen
die Karriere. Teilzeit ist für viele der Karriere-Tod: 42 Prozent der
Frauen stimmen der Aussage zu, dass bei familienbedingter
Teilzeitbeschäftigung der „Zug ohne sie weiter fährt“. Auch die Angst
vor finanziellen Einbußen ist stark ausgeprägt: 23 Prozent der
Beschäftigten (oder 35 Prozent der Frauen im Alter zwischen 30 und 40
Jahren mit Kinderwunsch) befürchten zum Teil deutliche
Einkommenseinbußen.
Unternehmen profitieren von Familienfreundlichkeit
Umgekehrt können Unternehmen erheblich von einer
familienfreundlichen Firmenkultur profitieren. Fast drei von vier
Mitarbeitern mit Kindern (71 Prozent), die schon einmal ein
betriebliches Familienprogramm in Anspruch genommen haben, wollen in
absehbarer Zeit nicht den Arbeitgeber wechseln. Beschäftigte Eltern,
die noch nicht in den Genuss solcher Angebote gekommen sind,
behaupten dies nur zu 61 Prozent von sich. Von den Mitarbeitern, aus
Unternehmen in denen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als
selbstverständlich erachtet wird, sind 67 Prozent mit ihrer
Arbeitssituation „sehr zufrieden“. Bei Mitarbeiten aus Betrieben mit
einer weniger selbstverständlichen Familienkultur sinkt die
Zustimmungsrate auf 27 Prozent. Angesichts Resultate fordert Dr.
Sonnenschein den Beginn einer breiten öffentlichen Debatte, die das
Thema Familie nicht als isolierte politische Angelegenheit, sondern
als Wirtschaftsfaktor und Kernaufgabe der Unternehmen begreift. „Eine
familiengerechte Unternehmenskultur ist kein Aufwand oder Risiko,
sondern eine Investition und immense Chance.“
Unternehmen müssten vor allem alles daran setzen, die so genannte
Rush-Hour des Lebens zu entzerren. In dieser Lebensphase stehen für
die Generation der 25- bis 40-Jährigen die wichtigsten Entscheidungen
ihrer Entwicklung an – häufig zum Nachteil der Familie. Dr.
Sonnenschein: „Die Lebenserwartung steigt. Wir haben mehr Zeit.
Deshalb müssen wir zwingend über neue Lebens- und Karrieremodelle
nachdenken.“
Achtung Redaktionen:
Die A.-T. Kearney-Studie „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“
wird vorgestellt auf der „ZEIT“-Konferenz „Familie und Wirtschaft“ am
28. September in Berlin, Eröffnung um 9.30 Uhr, Altes Stadthaus,
Klosterstraße. Auftakt der Konferenz ist der Abend zuvor (27.
September, 19 Uhr, Hamburger Bahnhof) mit Peer Steinbrück (SPD), Dr.
Josef Joffe (“ DIE ZEIT“) und Dr. Martin Sonnenschein (A.T. Kearney).
Weitere Informationen unter: http://ots.de/0ugGj
Über A.T. Kearney
A.T. Kearney zählt zu den weltweit führenden
Unternehmensberatungen für das Top-Management. Mit strategischer
Weitsicht und operativer Umsetzungsstärke unterstützt A.T. Kearney
Klienten bei der Transformation ihres Geschäftes und ihrer
Organisation. Im Mittelpunkt stehen dabei die Themen Wachstum und
Innovation, Technologie und Nachhaltigkeit sowie die Optimierung der
Unternehmensperformance durch das Management von Komplexität in
globalen Produktions- und Lieferketten. Das Unternehmen wurde 1926 in
Chicago gegründet. 1964 eröffnete in Düsseldorf das erste Büro
außerhalb der USA. Heute beschäftigt A.T. Kearney rund 3.000
Mitarbeiter in 39 Ländern der Welt. Seit 2010 berät das Unternehmen
seine Klienten klimaneutral. Weitere Informationen finden Sie unter
www.atkearney.de.Außerdem unter www.atkearney361grad.de
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