Einführung der Luftverkehrsteuer ab 01.01.2011
könnte Flugtickets deutlich teurer machen / Pläne der Bundesregierung
sorgen für Proteste bei den Fluggesellschaften / BDO hält rechtliche
Zulässigkeit der Luftverkehrsabgabe für fraglich
Flugreisen aus Deutschland sollen nach Plänen der Bundesregierung
im kommenden Jahr teurer werden. Wie aus dem aktuellen, bereits
überarbeiteten Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums hervorgeht,
sollen Kurzstrecken in Deutschland und Europa ab dem Jahreswechsel um
neun Euro, mittellange Strecken zwischen 2500 und 6000 Kilometer um
25 Euro und Langstrecken um 40 Euro verteuert werden. Die
Bundesregierung möchte mit der neuen Steuer Anreize für
umweltgerechtes Verhalten im Flugverkehr schaffen und erhofft sich
zudem Mehreinnahmen von einer Milliarde Euro pro Jahr.
Die geplante Luftverkehrssteuer gilt für alle Fluggäste, die von
einem inländischen Flughafen abfliegen. Inländische Hin- und
Rückflüge werden je Strecke besteuert, das heißt die Abgabe fällt
zweimal an, während Passagiere bei einem Flug ins Ausland nur einmal
zahlen müssen. Fluggäste, die nur in Deutschland umsteigen und keine
längeren Zwischenstopps einlegen, werden nicht besteuert. Von der
Steuer befreit werden sollen außerdem Kinder unter zwei Jahren, die
keinen eigenen Sitzplatz haben. Außerdem gilt die Steuer nicht für
Privatjets, Militärflüge und Frachtflüge. „Es ist davon auszugehen,
dass die Luftverkehrsabgabe auf die Ticketpreise aufgeschlagen wird,
daher trifft sie unmittelbar die Verbraucher“, erklärt Dr. Klaus
Friedrich, Steuerexperte der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO.
„Zudem können sich aus der neuen Steuer deutliche
Wettbewerbsnachteile für die deutschen Fluggesellschaften ergeben.“
Die deutsche Luftfahrtbranche hat die Pläne der Bundesregierung
bereits massiv kritisiert und befürchtet deutliche Rückgänge des
Passagieraufkommens, die letztlich auch zu einem Arbeitsplatzabbau in
Deutschland führen würden. Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft
Air Berlin spricht von einer „einseitigen Schädigung deutscher
Airlines und einem Konjunkturprogramm für Airlines im Ausland.“
Rechtliche Zulässigkeit des Luftverkehrsteuergesetzes bleibt
fraglich
Die Schaffung von neuen Anreizen zum energiesparenden Verbrauch
von Kraftstoffen ist ökologisch richtig und nachvollziehbar. Die
rechtliche Zulässigkeit des neuen Gesetzes bleibt laut
BDO-Steuerexperte Dr. Friedrich jedoch noch fraglich: „In der
Begründung des Bundesfinanzministeriums klingt durch, dass die
Luftverkehrsteuer auch wegen der bisherigen Befreiung des
Luftverkehrs von der Energiesteuer erhoben werden soll. Die Befreiung
des gewerblichen Luftverkehrs von der Energiesteuer ist aber durch
europarechtliche Vorgaben in allen EG-Mitgliedstaaten zwingend. Das
neue Luftverkehrsteuergesetz, das indirekt auch den
Kraftstoffverbrauch anspricht, könnte nun als bewusste Umgehung
dieser obligatorischen Steuerbefreiung angesehen werden und würde
damit gegen geltendes Europarecht verstoßen“, erläutert Dr.
Friedrich.
Darüber hinaus gibt es weitere Unstimmigkeiten und offene Fragen
im aktuellen Regierungsentwurf. So soll beispielsweise der
Luftfrachtverkehr nicht Gegenstand des neuen Gesetzes sein, obwohl
dieser ebenfalls von der Energiesteuer befreit ist. „Das erscheint
unter den vom Ministerium herausgestellten ökologischen
Gesichtspunkten nicht nachvollziehbar“, so der BDO-Experte, „denn der
Frachtverkehr erfolgt nachts und wird meist mit älteren und
dementsprechend umweltbelastenderen Flugzeugen durchgeführt.“
Weiterer Optimierungsbedarf besteht u. a. bei der
Steuersatzregelung, die bislang ein weites Feld für ärgerliche
Folgerungen bietet. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum Passagiere
auf Hin- und Rückflügen im Inland doppelt belastet werden, während
bei Auslandsflügen ausschließlich der Hinflug besteuert wird“, meint
Steuerexperte Dr. Friedrich. Der Steuersatz soll sich außerdem an der
Entfernung des Zielflughafens orientieren, nämlich bis 2500 km, 2500
bis 6000 km oder über 6000 km. Aus Vereinfachungsgründen richtet sich
der aktuelle Gesetzentwurf jeweils nach dem größten Verkehrsflughafen
eines Landes. „Dies ist problematisch, wie das Beispiel Russland
zeigt. Moskau ist der größte Flughafen Russlands und liegt innerhalb
der Kilometergrenze für Kurzstrecken. In der Folge fallen alle Flüge
nach Russland, auch die nach Wladiwostok am Japanischen Meer, unter
den Kurzstreckensatz des geplanten Gesetzentwurfs“, gibt der
Steuerfachmann zu bedenken.
Der Regierungsentwurf für eine Luftverkehrsteuer soll am
01.09.2010 in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden. „In
seiner aktuellen Ausgestaltung ist der Entwurf aus unserer Sicht noch
nicht zielführend und bedarf wohl überlegter Verbesserungen“, meint
BDO-Experte Dr. Klaus Friedrich. „Eine neue
Luftverkehrsteuergesetzgebung darf nicht in einer nachteiligen
Wettbewerbsverzerrung für deutsche Fluggesellschaften resultieren und
damit zu einer Schwächung des Wirtschaftsstandortes Deutschland
führen. Es müssen zudem Lösungen gefunden werden, damit die
Endverbraucher nicht zu den Verlierern der neuen Gesetzgebung werden
– und die Deutschen auch in Zukunft ihre Reiselust behalten können.“
Den aktuellen Referentenentwurf für ein Luftverkehrsteuergesetz
(LuftVStG) des Bundesministeriums der Finanzen finden Sie unter
www.bdo.de
Zur Information: Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO gehört zu
den fünf führenden Prüfungs- und Beratungsunternehmen in den
Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuern und wirtschaftsrechtliche
Beratung sowie Advisory Services. Die Gesellschaft betreut in
Deutschland mit rund 2000 Mitarbeitern an 25 Standorten nationale und
internationale Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen –
vom Mittelständler bis zum DAX-Unternehmen.
Das internationale BDO Netzwerk ist die einzige der fünf weltweit
tätigen Accountant-Gruppen mit europäischer Tradition. Das Netzwerk
von rechtlich selbstständigen und voneinander unabhängigen
Gesellschaften besteht seit 1963 und ist in 115 Ländern mit über
46.000 Mitarbeitern präsent. 2009 erwirtschaftete das Netzwerk einen
Umsatz von 3,7 Milliarden Euro.
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