Gemeinsame Pressemitteilung von Deutscher
Umwelthilfe, foodwatch und Greenpeace
Verbraucherinformationsgesetz fällt in der Praxis durch – Deutsche
Umwelthilfe, foodwatch und Greenpeace fordern von
Verbraucherschutzministerkonferenz Beschluss zur grundlegenden
Ãœberarbeitung des Gesetzes – Bundesverbraucherschutzministerin Ilse
Aigner (CSU) muss endlich die Interessen der Verbraucherinnen und
Verbraucher wahrnehmen
Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH), foodwatch und Greenpeace
fordern die Verbraucherschutzminister von Bund und Ländern auf, bei
der Verbraucherschutzministerkonferenz am 15. und 16. September die
grundlegende Ãœberarbeitung des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG)
zu beschließen. Als das VIG im Mai 2008 in Kraft trat, hatte die
Bundesregierung versprochen: „In Zukunft sollen die Behörden von sich
aus Ross und Reiter nennen“.
Doch das Gegenteil ist der Fall: „Die Behörden haben Auskünfte
vielfach nicht erteilt, Fristen nicht eingehalten und teils
abschreckend hohe Gebühren verlangt, die schwarzen Schafe werden
nicht genannt“, so Cornelia Ziehm von der DUH. Diese Erfahrungen
hätten alle drei Organisationen bei der Anwendung des VIG in der
Praxis gemacht.
„Das VIG enthält so schwerwiegende Konstruktionsfehler, dass von
der versprochenen Transparenz so gut wie nichts wahr geworden ist.
Das Gesetz muss dringend überarbeitet werden – in dieser Form bringt
es den Verbrauchern nichts, stattdessen trägt es zur Bewahrung von
Amts- und Geschäftsgeheimnissen bei“, ergänzte Matthias Wolfschmidt
von foodwatch.
Auf der Tagesordnung der Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK)
steht die „Evaluation des Verbraucherinformationsgesetzes“. Die
Bundesregierung hat ihre Evaluation des
Verbraucherinformationsgesetzes schon präsentiert: Auf der
Internetseite (www.vig-wirkt.de) kommt sie zu dem Schluss, das VIG
habe sich „in großen Teilen bewährt“. Doch die praktischen
Erfahrungen aller drei Organisationen sprechen eine andere Sprache.
Die Organisationen hatten bei verschiedenen Behörden zum Beispiel
danach gefragt, wie hoch und mit welchen Druckchemikalien aus
Kartonverpackungen Lebensmittel belastet sind, an welche Dönerimbisse
in Berlin Gammelfleisch geliefert wurde oder wo die Höchstwerte bei
der Pestizidbelastung von Obst und Gemüse überschritten worden sind.
Nur ein geringer Teil dieser Anfragen wurde rechtzeitig und
umfassend beantwortet.
Für DUH, foodwatch und Greenpeace ist in keiner Weise
nachvollziehbar, wie die Bundesregierung zu dem Ergebnis kommen kann,
das VIG funktioniere. Die praktischen Erfahrungen aller drei in der
Praxis tatsächlich mit dem VIG befassten Verbände zeigen genau das
Gegenteil. Als wichtigstes verbraucherpolitisches Projekt der
damaligen Großen Koalition von CDU/CSU und SPD angekündigt, habe das
VIG in der Praxis zu absurdem bürokratischen Aufwand bei geringstem
praktischen Nutzen für die Verbraucher geführt.
Die drei Organisationen fordern die Verbraucherschutzminister von
Bund und Ländern gemeinsam dazu auf, eine grundlegende Neufassung des
VIG zu beschließen. Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner
(CSU) muss endlich die ihr obliegende Aufgabe wahrnehmen, sie darf
nicht länger die Wirtschaft vor den Verbrauchern schützen.
Konkret fordern die drei Organisationen:
1. Veröffentlichung vor Geheimhaltung: Die zeitnahe Veröffentlichung
von amtlichen Erkenntnissen muss Vorrang vor Geheimhaltung haben.
Jede Geheimhaltung muss begründungspflichtig sein.
2. Keine Standardanhörung Drittbetroffener: Derzeit werden bei fast
allen Anträgen nach VIG die betroffenen Unternehmen
(Drittbetroffene) gehört. Fragt also ein Bürger beispielsweise
nach den Ergebnissen der Lebensmittelkontrollen, werden die
kontrollierten Betriebe pauschal angehört und können die
Auskünfte durch Widersprüche und Klageverfahren verzögern. Es
muss klargestellt werden, dass amtliche Untersuchungsergebnisse
mitnichten Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse sind.
Ausnahmeregelungen müssen eng gefasst werden.
3. Abschaffung des so genannten Kostendeckungsprinzips: Wie in
anderen Informationsgesetzen muss auch im VIG das sog.
Äquivalenzprinzip entscheidend sein. Die Verbraucher dürfen nicht
durch hohe Gebühren von der Wahrnehmung ihrer Informationsrechte
abgeschreckt werden.
4. Aktive behördliche Informationspflichten: Behörden müssen e
eindeutig verpflichtet werden, aktiv zu informieren (vgl. § 40
LFGB). Das Antragsverfahren für die Bürger muss vereinfacht
werden. Anträge müssen zeitnah und kostengünstig bearbeitet
werden.
5. Anwendungsbereich erweitern: In den Anwendungsbereich des VIG
fallen bisher nur Lebensmittel und Bedarfsgegenstände. Der
Anwendungsbereich des VIG ist auf alle Verbraucherprodukte
einschließlich Finanz- und sonstige Dienstleistungen auszuweiten.
„Damit das VIG sich vom Placebo zum echten Instrument der
Verbraucherinformation wandelt, sind deutliche Verbesserungen nötig:
Behörden müssen verpflichtet werden, aktiv zu informieren, auch ohne
Antrag; schwammige Ausnahmeregelungen müssen gestrichen, komplizierte
Antragsverfahren verkürzt und die Kosten für die Antragsteller
reduziert werden“, fasst Manfred Redelfs von Greenpeace die
Forderungen aller drei Organisationen an die
Verbraucherschutzminister der Länder und
Bundesverbraucherschutzministerin Aigner zusammen.
Pressekontakt:
Deutsche Umwelthilfe e.V.:
Dr. Cornelia Ziehm, Tel.: 030 2400867 0, E-Mail: ziehm@duh.de
foodwatch e.V.:
Matthias Wolfschmidt, Tel. 030 24047619, E-Mail: presse@foodwatch.de
Greenpeace e.V.:
Dr. Manfred Redelfs; Tel.: 0151 180 533 85,
E-Mail: manfred.redelfs@greenpeace.de