Mit einem freiwilligen Verhaltenskodex will die
indische Textilindustrie gegen Kinderarbeit vorgehen. Er beinhaltet
ein Verbot von Nachtschichten für Teenager und eine Verbesserung der
Arbeitsbedingungen in den Fabriken. Zudem sollen internationale
Unternehmen dazu angehalten werden, auf die Einhaltung der
Sozialstandards bei ihren Bezugsquellen zu bestehen. Die
SOS-Kinderdörfer halten es nicht für ausreichend, sich auf die
freiwilligen Anstrengungen der Unternehmen zu verlassen.
„Das Ausbeutungssystem in indischen Textilfabriken steht für die
schlimmsten Formen der Kinderarbeit, da reicht es nicht, wachsweiche
Verhaltensregeln zu formulieren, deren Einhaltung zudem freiwillig
ist“, sagt Shubha Murti, Leiterin der Hilfsorganisation für die
Region Asien. Ein auf Selbstkontrolle basierender Kodex gleiche
einer Kapitulation vor den Unternehmensinteressen auf Kosten der
Kinderrechte. Zudem würden die meisten der Forderungen bereits jetzt
durch Gesetze abgedeckt, es sei jedoch offensichtlich, dass die
Produzenten die Rechte der Kinder dennoch verletzten.
Die SOS-Kinderdörfer verurteilen Kinderarbeit auf das Schärfste.
Unter keinen Umständen sei es akzeptabel, dass Kinder Kleidung
herstellten, und Waren, die unter Sklavereibedingungen hergestellt
würden, dürften nicht länger in den Kaufhäusern der westlichen
Industrienationen verkauft werden. Unternehmen, die sich daran nicht
hielten, müssten verfolgt und bestraft werden.
Ein beträchtlicher Anteil der indischen Wirtschaft sei abhängig
von Kinderarbeit. Nach Erkenntnissen der Hilfsorganisation schuften
rund 44 Millionen Jungen und Mädchen in verschiedenen Branchen unter
Bedingungen, die an Sklaverei erinnern. Unter den Profiteuren des
Systems seien zahlreiche Textilhersteller, einem boomenden
Wirtschaftszweig mit einem Exportvolumen von 40 Milliarden Dollar
allein in 2016. „Die Kinder müssen bis zu 24 Stunden am Tag schuften
und sind einem hohen Druck ausgesetzt. Mädchen und Frauen werden
diskriminiert, sexuell belästigt, verdienen weniger als die Männer
und haben keine Möglichkeit, sich zu beschweren“, sagt Murti. Auch
das indische Kastensystem trage zur Diskriminierung bei.
Ein Verhaltenskodex, der die Verhältnisse wirklich ändern wolle,
müsse sämtliche Zweige mit einbeziehen, auch die kleinen, informellen
Betriebe. Allein in Spinnereien und Baumwoll-Farmen arbeiten laut
SOS-Kinderdörfer fast 500.000 Jungen und Mädchen. Der Kodex müsse
zudem für geschlechter- und soziale Gerechtigkeit sorgen und zwingend
Beschwerde- und Schutzmechanismen mit einbauen. „Andernfalls bleibt
er ein Papiertiger und wirkungslos“, sagt Murti.
Die SOS-Kinderdörfer unterstützen Kinder in Not an 31 Standorten
in Indien. Um ausbeuterische Kinderarbeit zu stoppen, setzen sie auf
Bildung und stärken Familien, sodass diese aus eigener Kraft ein
Einkommen erzielen können und Kinder nicht mehr arbeiten müssen. Auch
die Stärkung von Mädchen und Frauen ist ein zentrales Anliegen der
Arbeit der Hilfsorganisation Indien.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Boris Breyer
Stellvertretender Pressesprecher
SOS-Kinderdörfer weltweit
Tel.: 089/179 14-287
E-Mail: boris.breyer@sos-kd.org
www.sos-kinderdoerfer.de
Original-Content von: SOS-Kinderdörfer weltweit, übermittelt durch news aktuell