Manche Motorräder und sogenannte Sportwagen sind
einer Studie des Umweltbundesamts zufolge viel lauter als bisher
bekannt. Wenn sie provokativ gefahren werden – also mit besonders
hohen Motordrehzahlen – werden sie als 4 mal so laut empfunden wie
der gesetzliche Grenzwert. Das zeigen lang erwartete Messergebnisse,
die die Tageszeitung „taz“ (Dienstag-Ausgabe) exklusiv einsehen
konnte.
Ein Beispiel ist das Motorrad BMW R NineT Urban G/S: Im Lärmtest
für die Typzulassung nach EU-Recht kam das Modell laut
Umweltbundesamt bei 50 Kilometern pro Stunde in 7,5 Meter Entfernung
auf rund 74 Dezibel. 77 Dezibel waren für diesen Typ erlaubt. Als der
von der Behörde beauftragte Testfahrer aber absichtlich hochtourig
fuhr, maß das Amt gleich 99 Dezibel. Eine Zunahme von 10 Dezibel
entspricht ungefähr einer Verdopplung der empfundenen Lautstärke.
„Ein Fahrzeug mit dem gemessenen Wert verursacht einen Geräuschpegel
wie rund 160 Fahrzeuge mit 77 Dezibel“, erläutert Michael
Jäcker-Cüppers, Vorsitzender des Arbeitsrings Lärm der Deutschen
Gesellschaft für Akustik.
Die ebenfalls vom Umweltbundesamt getestete Kawasaki Ninja ZX-10R
KRT kam sogar auf 102 Dezibel. Wenn sie im offiziellen
Zulassungsverfahren gemessen wird, war sie nur rund 76 Dezibel laut,
also etwa in Höhe des Grenzwerts.
Auch die Harley Davidson Softail Heritage Classic lag bei den
„Worst Case“-Fahrten weit über dem in den offiziellen Testfahrten
erlaubtem Limit.
Das trifft nicht nur bei den drei getesteten Motorrädern zu,
sondern auch bei den drei untersuchten Autos. Das Audi TT RS Coupé
etwa verursachte bei der Fahrt mit besonders hohen Drehzahlen einen
Geräuschpegel von 102 Dezibel. In der Zulassungsprüfung sind nur rund
76 Dezibel zulässig.
Umfragen zufolge fühlen sich etwa drei Viertel der Bevölkerung
durch Straßenverkehrslärm gestört oder belästigt, also in ihrer
Lebensqualität eingeschränkt. Dabei können chronische Lärmbelastungen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfälle verursachen, warnt das
bundeseigene Robert-Koch-Institut. Dennoch bauen BMW und andere
Konzerne Motorräder oder Autos so, dass sie lauter sind als zum
Fahren nötig. Der Grund: Gerade männliche Kunden finden es schön,
wenn die Fahrzeuge einen kräftigen „Sound“ haben. Legal ist das, weil
der Schallpegel für die Zulassung nur in „zahmen“ Situationen mit
niedrigen Motordrehzahlen und Geschwindigkeiten beispielsweise von 50
Kilometern pro Stunde gemessen werden.
jma/mkr
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