BERLIN Der Politikprofessor und Aktivist Peter
Grottian ruft zu Feldbesetzungen gegen das Pestizid Glyphosat auf.
„Wir wollen im Juli im südlichen Baden-Württemberg nachts auf einen
Weinberg und ein Rapsfeld gehen, riesige Plakate aufstellen und
vorsichtig auf die Pflanzen legen“, sagte Grottian der Tageszeitung
„taz“ (Freitagausgabe). Ungefähr gleichzeitig sollten ähnliche
Aktionen im brandenburgischen Werder und im niedersächsischen
Oldenburg stattfinden. Der emeritierte Berliner Politologe ist seit
Jahrzehnten prominenter Akteur sozialer Bewegungen.
Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) versuche, den
Glyphosateinsatz durch weniger schädliche Alternativen nur zu
reduzieren, kritisierte Grottian: „Das dauert zu lange. Die Regierung
muss die Bauern dafür belohnen, dass sie auf Glyphosat verzichten.“
76 Prozent der Bundesbürger wollten einen sofortigen Glyphosat-Stopp,
zeige eine von ihm in Auftrag gegebene Umfrage des
Meinungsforschungsinstituts infratest-dimap.
Bisher hat Grottian unter anderem über zwei Anzeigen in
Regionalzeitungen Mitstreiter gesucht. „Wir haben schon ungefähr 12
bis 15 Leute, die mitmachen. Und wir brauchen 25. Nachts müssen Leute
da bleiben, um die Besetzung formal aufrechtzuerhalten.“ Auch aus
Werder und Oldenburg hätten sich bereits Aktivisten gemeldet. Noch
seien es aber zu wenig.
„Wir wollen keine Aktionen gegen die Bauern machen“, ergänzte
Grottian. Er hoffe, dass die Landwirte die Besetzungen dulden. Denn
auch viele Bauern hätten ein schlechtes Gewissen wegen des
Glyphosat-Einsatzes, sähen sich aber dazu gezwungen, weil sie zu
wenig für ihre Produkte bekämen. „Mir geht es auch darum, dass die
Zwänge in der Landwirtschaft sichtbar werden und nicht dieses Geheul
losgeht, die Bauern seien die Prügelknaben der Nation.“
Glyphosat ist der meistverkaufte Pestizidwirkstoff. Im März 2015
stufte ihn die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation
als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Zudem zerstört Glyphosat so
gut wie alle nicht gentechnisch veränderten Pflanzen auf dem Feld und
damit auch Nahrung beispielsweise für Vögel und Insekten. — jma/ksc
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