taz: Agrarökonomen warnen vor Panik bei Dürrehilfe. Kritik an Zeitdruck durch Bauernverband

Anders als der Bauernverband empfehlen führende
Agrarwissenschaftler, erst nach der Ernte über Dürrehilfen für
Landwirte zu entscheiden. „Es ist zu früh für Entscheidungen über
pauschale Subventionen oder Kompensationszahlungen. Wir müssen erst
einmal die Erntebilanz abwarten“, sagte Harald Grethe, Vorsitzender
des vom Landwirtschaftsministerium eingesetzten Wissenschaftlichen
Beirats für Agrarpolitik und Ernährung, der Tageszeitung „taz“
(Donnerstagausgabe).

Friedhelm Taube, Professor an der Universität Kiel, ergänzte: „Die
Forderungen des Bauernverbands sind im Augenblick unseriös. In diesem
Fall pflichte ich Ministerin Klöckner bei. Man muss erstmal sämtliche
Daten haben, inklusive der Preise. Und dann wird das Bild anders
aussehen.“

Professor Grethe zufolge ist noch offen, welche Betriebe am Ende
überhaupt Verluste machen werden. „Bei einigen Produkten schießen die
Preise wegen der Knappheit derzeit in die Höhe. Bei Kartoffeln
beispielsweise sind sie so hoch wie seit 5 Jahren nicht. Auch die
Getreidepreise sind gut. Wenn wir 30 Prozent Ernteausfall haben, aber
30 Prozent höhere Preise, sind die Erlöse der Landwirte unverändert.“

Viele Betriebe werden laut Taube auch mehr für ihren Weizen oder
Raps bekommen, weil die Protein- beziehungsweise Ölgehalte infolge
der starken Sonneneinstrahlung besonders hoch seien. „Das sagt aber
kein Bauernverband“, so der Agrarprofessor. Die Preise für Weizen
seien jetzt 25 Prozent höher als vor einem Jahr. „Und dazu kommt noch
der ebenfalls stark gestiegene Wert des Strohs.“ Taube rechnet damit,
dass das finanzielle Ergebnis sehr vieler Ackerbaubetriebe innerhalb
der normalen Schwankungsbreite liegen werde. Kleineren Höfen gehe es
nicht grundsätzlich schlechter, denn sie würden oft zusätzliche
Einkünfte aus dem Tourismus oder anderen Arbeitsstellen haben.

Nötig findet Taube nur Hilfen für Milchbauern, die das Futter
ihrer Kühe selbst produzieren. „Die haben nicht nur Ertragseinbußen,
sondern auch einen Verlust von Vermögenswerten, weil sie Kühe
schlachten müssen, da das Futter knapp ist. Das kostet Geld, denn
zurzeit bekommen sie für die Tiere nichts.“

jma/wim

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