SWR /Terrorverdächtiger von Karlsruhe hatte Kontakt zu bekannten Islamisten

Der Terrorverdächtige Dasbar W., der am 20. Dezember
2017 in Karlsruhe verhaftet wurde, weil er einen Anschlag auf dem
Karlsruher Schlossplatz geplant haben soll, hatte Kontakte zu
einschlägig bekannten Islamisten. Das geht aus Ermittlungsunterlagen
hervor, die dem SWR exklusiv vorliegen.

Demnach hatte er im Juli 2016 an einem zehntägigen Seminar im
mittlerweile verbotenen Moschee-Verein „Deutschsprachiger Islamkreis“
(DIK) in Hildesheim teilgenommen, das von dem mittlerweile
inhaftierten Hassprediger und IS-Kontaktmanns Ahmad Abdulaziz Abdulla
A., genannt „Abu Walaa“ geleitet wurde. Abu Walaa steht derzeit in
Celle vor dem Oberlandesgericht, u. a. weil er von Hildesheim aus
mindestens 15 Männer als Kämpfer für den sogenannten Islamischen
Staat rekrutiert haben soll. Auch der
Berliner-Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri soll sich im Umfeld Abu
Walaas aufgehalten haben, ebenso der minderjährige Attentäter, der im
April 2016 mit einem Komplizen einen selbst gebauten Sprengsatz vor
einem Sikh-Tempel in Essen gezündet hatte.

Dasbar W.–s Anwalt Marc Jüdt bestätigt Dasbar W.–s Teilnahme an
dem Seminar. Er sagt dazu im SWR-Interview: „Mein Mandant war
seinerzeit noch nicht lange wieder in Deutschland, er hat in
Kurdistan gelebt und sein Abitur gemacht. Dann hat er eine Einladung
bekommen, kurz vor den Feiertagen, eine Übernachtungsmöglichkeit von
fünf Tagen und es gäbe Essen. Nachdem er gemerkt hat, wie es dort
zugeht und was das eigentliche Ziel ist, nämlich junge Muslime
einzuladen und zu radikalisieren, hat er sich abgewendet. Es gibt
keine weiteren Kontakte.“

Aber auch im Irak war Dashbar W. im Visier von Ermittlungen. 2016
saß Dasbar W. dort für zwei Monate in Haft, wie das Auswärtige Amt
bestätigt. Er soll vor Ort mögliche Anschlagsziele für den
sogenannten „IS“ ausgespäht haben. Das Auswärtige Amt hatte in dieser
Zeit Dasbar W. konsularisch betreut. Nach seiner Entlassung reiste er
wieder nach Deutschland ein. Deutsche Ermittler fanden auf seinem
Handy ein Video, das ihn bei Schießübungen mit einem
Scharfschützengewehr im Irak zeigt.

Ein ehemaliger Vermieter von Dasbar W. berichtet gegenüber dem
SWR: „Er hatte gesagt, er wäre zwei Wochen in Stuttgart, aber
plötzlich war er wie vom Erdboden verschwunden.“ Außerdem erzählt er,
Dasbar W. habe in seinem Garten Schießübungen mit legalen Waffen
absolviert. Einige Monate später seien Beamte des LKA
Baden-Württemberg aufgetaucht und hätten dem Vermieter berichtet,
Dasbar W. sei im Irak wegen terroristischer Aktivitäten von den
örtlichen Behörden verhaftet worden.

Über eine islamistische Prägung von Dasbar W. berichteten auch
zwei ehemalige Mitbewohner, wie der SWR erfuhr. Im Juni 2016 hätten
sie das Verhalten von Dasbar W., der sich selbst damals „Abdullah“
nannte, als auffällig empfunden. Angeblich habe ihr Mitbewohner eine
islamistisch geprägte Weltanschauung vertreten und ihnen islamistisch
geprägte Lieder – sogenannte Naschids – auf YouTube vorgespielt. Als
Dasbar W. kurz vor der Fußball EM in Frankreich in Erwägung zog,
französisch zu lernen und nach Frankreich zu gehen, beschlossen die
beiden Austauschstudenten zur Polizei zu gehen, da sie hinsichtlich
der möglichen Planung eines Terroranschlags besorgt waren.

Zum ersten Mal war Dasbar W. im Oktober 2014 ins Visier der
Sicherheitsbehörden geraten. Damals hatte er in Freiburg an der
Koranverteilaktion „Lies“ teilgenommen und laut Ermittlung Kontakt zu
„staatsschutzrelevanten“ Personen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war
Dasbar W. unter permanenter Polizeiüberwachung. Trotz seines großen
Misstrauens gelang es dem LKA Baden-Württemberg aber im September
einen V-Mann an ihn heranzuführen, der von dem mutmaßlichen
Anschlagsplan in Karlsruhe berichtete.

Marc Jüdt, Dasbar W.–s Anwalt, zweifelt an der Glaubwürdigkeit
dieses V-Mannes: „Mein Mandant ist ein sehr verschlossener Mensch,
der ausgerechnet einem Menschen, den er noch nie vorher gesehen hat,
am ersten Tag Geheimnisse anvertraut, die er sonst niemandem
anvertraut. Aber dieser Vertrauensperson soll er sofort sein Herz
geöffnet haben. Warum? Hat er das einfach erfunden? Ich gehe davon
aus, dass jeder, der die Akte liest, versteht, dass die VP nicht
vertrauenswürdig ist.“

Demgegenüber bekräftigt die Pressesprecherin des
Generalbundesanwalts, Frauke Köhler, im Interview mit dem SWR noch
einmal den dringenden Tatverdacht gegen Dasbar W., den IS unterstützt
und einen Anschlag geplant zu haben. Dasbar W. sitzt weiter in
Untersuchungshaft.

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