Die Verhandlungen über den mehrjährigen
Haushaltsrahmen (MFF) der Europäischen Union für die Zeit ab 2021
kommen in die heiße Phase. Am 02. Mai dieses Jahres sollen die von
der EU-Kommission vorgelegten Budgetvorschläge angenommen werden.
Nach gegenwärtigem Stand ist davon auszugehen, dass Instrumente der
Sicherheitspolitik und der Migrationsbekämpfung auf Kosten wichtiger
Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit finanziell gestärkt
werden. SÜDWIND fordert die neue Bundesregierung auf, sich für einen
Haushaltsrahmen einzusetzen, der die Ziele der Agenda 2030 für eine
nachhaltige Entwicklung in den Mittelpunkt stellt.
Zunehmende Konflikte und steigende Flüchtlingszahlen in
unmittelbarer Nachbarschaft der EU sowie ein erstarkender
Nationalismus innerhalb der EU gelten als die neuen
Herausforderungen, denen die EU gegenüberstehe. Aus Sicht des
Kommissionspräsidenten Juncker müssten angesichts dieser Situation
schwierige Entscheidungen getroffen und Prioritäten neu gesetzt
werden. Die Pläne lassen befürchten, dass langfristige Orientierungen
der Entwicklungszusammenarbeit wie die gemeinsame Umsetzung der
Agenda 2030 einer eher kurzfristigen Migrations- und
Sicherheitsagenda geopfert werden.
Der Brexit hinterlässt in den zentralen Entwicklungsinstrumenten
wie dem Europäischen Entwicklungsfonds EDF und dem Instrument für
Entwicklungszusammenarbeit DCI ein enormes Haushaltsloch von mehr als
einer Milliarde Euro. Die Diskussionen in der Kommission
konzentrieren sich daher unter den Schlagwörtern Effizienz und
Flexibilität vor allem auf Einsparungen. Der Haushaltskommissar
Günther Oettinger hat nun Vorschläge vorgelegt, die die wichtigsten
Entwicklungsinstrumente mit anderen Programmen in einem
außenpolitischen Instrument zusammenfasst.
„Insgesamt 12 Programme sollen nach diesem Vorschlag
zusammengelegt werden. Es ist symptomatisch, dass in dem neuen
Instrument ein starker Fokus auf Migration gelegt werden soll, das
Wort Entwicklung aber nicht ein einziges Mal auftaucht“, meint Dr.
Pedro Morazan, EU-Experte bei SÜDWIND. „Wir brauchen unbedingt
Klarheit darüber, was aus dem EDF wird und wie sich die neue
Ausrichtung auf die Zusammenarbeit mit den ärmsten Ländern
insbesondere in Afrika, der Karibik und im Pazifik auswirkt.“ „Es
darf nicht das Ziel europäischer Politik sein, Scheinlösungen als
Kern der Entwicklungsfinanzierung zu fördern, um europäische
Populisten zu beruhigen“, ergänzt Irene Knoke von SÜDWIND. „Die
Hauptursachen von erzwungener Migration und Flucht sind Kriege und
Menschenrechtsverletzungen, Klimawandel und unfaire
Handelsbeziehungen. Hier muss die künftige Entwicklungszusammenarbeit
der EU ansetzen.“ Positiv ist anzumerken, dass das Instrument für
Humanitäre Hilfe als eigenständiges Instrument erhalten bleibt.
Der Koalitionsvertrag bezeichnet die Umsetzung der Agenda 2030 und
die Förderung nachhaltiger Entwicklung als Grundlage des
Regierungshandelns und bekennt sich zu den Zielen des Pariser
Klimaabkommens. Beide Abkommen bieten eine gute Grundlage als Rahmen
für eine auf Demokratie, Menschenrechten und Nachhaltigkeit
ausgerichtete Entwicklungszusammenarbeit der Europäischen Union.
SÜDWIND fordert die neue Bundesregierung dazu auf, dass diese
Grundausrichtung auch in den Verhandlungen um den EU-Haushaltsrahmen
umgesetzt wird. Entwicklungszusammenarbeit muss auch
haushaltstechnisch erkennbar bleiben und klar von den Instrumenten
der Außen und Sicherheitspolitik abgekoppelt werden.
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