Südwest Presse Ulm, KOMMENTAR zu LOHNENTWICKLUNG
Ausgabe vom 20.07.2011 Erstaunlich gut hat Deutschland die größte
Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte überstanden. Ein wichtiger
Faktor dafür war die Zurückhaltung der Gewerkschaften bei
Lohnerhöhungen. Das hat die Unternehmen international
konkurrenzfähiger gemacht und letztlich viele Arbeitsplätze
gesichert. Den Preis dafür zahlen die Arbeitnehmer: Sie verdienen
heute real nicht mehr als vor zehn Jahren, die unteren Lohngruppen
sogar deutlich weniger. Der Kurs der Gewerkschaften war richtig, auch
wenn er zum Teil auch dem sinkenden Organisationsgrad der
Arbeitnehmer geschuldet war. Umso verständlicher ist, dass sie jetzt
im Aufschwung ein größeres Stück vom Kuchen abhaben wollen. Die
Unternehmen müssen stärker anerkennen, wem sie ihre gute Lage
verdanken, und das in Euro und Cent. Wer das hohe Lied der
Facharbeiter singt, muss es sich auch mehr kosten lassen. Ein großes
Problem sind die Niedrigverdiener. Dass sie real weit weniger
bekommen, dürfte auch daran liegen, dass die Konkurrenz bei Jobs für
Ungelernte besonders groß ist. Ein gesetzlicher Mindestlohn als
Gegenmittel klingt naheliegend. Doch ein Patentrezept ist das nicht:
Es müssen auch Arbeitgeber dasein, die zu solchen Bedingungen
Mitarbeiter beschäftigen. Das mag in Branchen funktionieren, die
keine internationale Konkurrenz haben, aber nicht überall. Den Firmen
muss aber auch klar sein: Ãœberspannen sie den Bogen, muss die Politik
reagieren.
Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218