Stern: Interne Papiere belasten Maschmeyers AWD – Zehntausende Kunden fielen mit hochriskanten Immobilienfonds herein – jeder fünfte Anleger finanzierte seine Beteiligung auf Pump

Der Finanzvertrieb Allgemeiner Wirtschaftsdienst
(AWD) hat Privatanlegern in Deutschland in bislang ungeahntem Ausmaß
hochriskante Immobilienfondsbeteiligungen empfohlen. So vertrieb AWD
allein aus der Serie der Drei-Länder-Fonds 34.647 Beteiligungen mit
einem Wert von insgesamt rund einer Milliarde Euro. Das berichtet das
Magazin stern in seiner aktuellen Ausgabe.

Der Bericht stützt sich unter anderem auf eine interne Kundenliste
des AWD, die dem stern und der „Panorama“-Redaktion des NDR vorliegt.
Die meisten Anleger verlieren mit diesen Fonds viel Geld: Ihre
Beteiligungen sind heute nur noch ein Bruchteil wert. Expertin
Beatrix Boutonnet vom Branchendienst „Fondstelegramm“ hat die vom AWD
vertriebenen Fonds für den stern geprüft. Sie sagt: „Das ist eine
Ansammlung von Katastrophenfällen.“

Die AWD-Kundenliste zeigt außerdem, dass viele der rund 30.000
Kunden – manche zeichneten gleich mehrere Fonds – ihre Beteiligung an
einem der Drei-Länder-Fonds per Darlehen finanzierten: insgesamt in
6648 Fällen. Rund jeder fünfte Anleger muss neben hohen Wertverlusten
von bis zu 90 Prozent also auch noch Kreditzinsen tragen.

Bei den Drei-Länder-Fonds handelt es sich um geschlossene
Immobilienfonds, die in den 90er Jahren auf den Markt gebracht
wurden. Die Fonds-Initiatoren warben damals mit sicheren Renditen und
Steuerersparnis. AWD-Berater empfahlen die riskanten Beteiligungen
zur privaten Altersvorsorge. Einige hundert Anleger haben den AWD
mittlerweile wegen angeblicher Falschberatung verklagt. Der
Finanzdienst sowie dessen langjähriger Chef Carsten Maschmeyer weisen
eine Verantwortung in den meisten Fällen zurück. Maschmeyer sprach
von „Einzelfällen“.

Der AWD redet die Misere seit Jahren klein. Wie ein vertrauliches
Papier zeigt, verabredete eine interne Task Force im September 2002,
kritische Internetforen wie das mit dem Namen „DLF Opfer“ undercover
von einer Frankfurter PR-Agentur unterwandern zu lassen – zur Tarnung
hier und da mit Schreibfehlern. Das Muster der Blog-Beiträge: „Habt
ihr schon gehört: Der Klageerfolgsweg soll durch das LG Hannover
beschränkt worden sein durch Urteile …“ Und: „Dann lohnt es sich
wohl gar nicht mehr, diese Vermittler vom AWD anzugehen, oder?“

Vom stern befragt, gibt der AWD heute an, „zu einer solchen Aktion
gebe es keine Erkenntnisse“. Einen Kommentar zu der internen Liste
lehnt der AWD ab: Es handele sich um ein „Geschäftsgeheimnis“.

Pressekontakt:
stern-Redakteur
Joachim Reuter
Telefon: 040-3703-7243