
Darauf weist der Berliner Mittelstandsberater pro votum gemeinsam mit der Rechtsanwaltsgesellschaft jura-ratio nach Entscheidungen des Bundessozialgerichts hin.
In diesen wurde die Bedeutung von Stimmbindungsvereinbarungen für den sozialversicherungsrechtlichen Status mitarbeitender Gesellschafter-Geschäftsführer bewertet. Diese Abreden zwischen Gesellschaftern – beispielsweise einer GmbH – regeln, wie die Gesellschafter die aus ihrem jeweiligen Gesellschaftsanteil folgenden Stimmrechte ausüben werden. In den zwei unterschiedlichen Sachverhalten, die das Bundessozialgericht zu beurteilen hatte, wurde versucht, die Position der Betroffenen durch privatrechtliche Verträge so zu gestalten, dass gegen ihren Willen keine Entschlüsse in den Gesellschafterversammlungen möglich sind. Im ersten Fall hatten die Gesellschafter vereinbart, dass sie bei sämtlichen Gesellschafterbeschlüssen übereinstimmend mit „Ja“ oder „Nein“ stimmen oder sich der Stimme enthalten (B 12 KR 13/14 R). Im zweiten Fall sollte einem Mindergesellschafter-Geschäftsführer (also einem Gesellschafter, der nicht mindestens über die Hälfte des Stammkapitals verfügt) ein Veto-Recht bei Gesellschafterent-scheidungen zukommen (B 12 KR 10/14 R).
Ein Indiz unter anderen
„Das Bundessozialgericht ist nun der Ansicht, dass solche Abreden keine grundlegende sozialversicherungsrechtliche Wirkung auf die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse haben“, erläutert Rechtsanwalt Steffen Schneider. Ausgangspunkt für Statusbeurteilung sei zunächst der jeweilige Anstellungsvertrag, der in den oben benannten Fällen sowohl dem Inhalt als auch dem Namen nach ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand habe. Für die zu beurteilenden Mindergesellschafter habe gleichfalls kein maßgeblicher gesellschaftsrechtlicher Einfluss bestanden, der eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausschließe. Daran änderten, so das Bundessozialgericht, auch die jeweiligen Stimmbindungsabreden nichts, da diese jederzeit kündbar seien. Bei einem Konfliktfall zwischen den Gesellschaftern käme es daher allein auf die den Beteiligten zustehende Rechtsmacht an, die sich bei Ausübung des Kündigungsrechts ergebe. Da die sozialversicherungsrechtlichen und beitragsrechtlichen Tatbestände unter dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit stünden, könnten die Stimmbindungsabreden keine Statusänderung bewirken.
Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass Stimmbindungsvereinbarungen die notwendige einzelfallbezogene Abwägung bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung nicht zwingend vorprägen, sondern lediglich als ein Indiz unter anderen wirken.
Schneider: „Vor diesem Hintergrund sollten Gesellschafter-Geschäftsführer unbedingt mit fachkundiger Beratung überprüfen, ob alle ihre Verträge so gestaltet sind, dass sie dem gewünschten sozialversicherungsrechtlichen Status entsprechen.“ Anderenfalls drohten hohe Nachzahlungen, die ein Unternehmen erheblich belasten können. Oder im umgekehrten Fall können – trotz gezahlter Beiträge – Leistungen verweigert werden, wenn tatsächlich keine Sozialversicherungspflicht bestand.