Senat verweigert korrekte Umsetzung des Urteils für die „Saubere Luft“ in Berlin – Deutsche Umwelthilfe beantragt die Vollstreckung

Deutsche Umwelthilfe reicht angekündigten
Vollstreckungsantrag zur Umsetzung des Urteils für „Saubere Luft“ in
Berlin ein – Luftreinhalteplan des Senats kommt zu spät und kann
Einhaltung des Grenzwerts für Dieselabgasgift Stickstoffdioxid nicht
im gesamten Stadtgebiet sicherstellen

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat am Freitag, den 7. Juni, Antrag
auf Vollstreckungsmaßnahmen gegen das Land Berlin beim
Verwaltungsgericht (VG) Berlin eingereicht. Die DUH wirft dem
Berliner Senat vor, das von ihr erstrittene Urteil des VG Berlin vom
9. Oktober 2018 zur „Sauberen Luft“ in Berlin zu missachten.

Bis Ende März 2019 sollte der Senat einen neuen Luftreinhalteplan
für Berlin vorlegen, der alle erforderlichen Maßnahmen enthält, um
die Überschreitung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) von 40
µg/m³ schnellstmöglich zu beenden. Der Senat hat diesen
Luftreinhalteplan bisher nicht erlassen. Erst Mitte April gab die
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz den Entwurf
eines Luftreinhalteplans in die Öffentlichkeitsbeteiligung. Dieser
Entwurf wird nach Auffassung der DUH dem Urteil nicht gerecht und
kommt viel zu spät, um sicherzustellen, dass bis Ende 2019 in Berlin
flächendeckend der Grenzwert für das Dieselabgasgift NO2 eingehalten
wird.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, stellt fest: „Der
Entwurf des Luftreinhalteplans ist nicht geeignet, den Berliner
Bürgern die ihnen zustehende –Saubere Luft– bis spätestens Ende 2019
zu gewährleisten. Ich appelliere an den Berliner Senat, diesen
unzureichenden Luftreinhalteplan sofort nachzubessern. Es ist
beschämend, wenn sich eine öffentliche Verwaltung nur durch
gerichtliche Vollstreckungsmaßnahmen dazu bringen lässt, ein
verbindliches Urteil umzusetzen.“

Die DUH beantragt vor dem VG Berlin die Androhung bzw. Verhängung
von angemessen Zwangsgeldern in Höhe von bis zu 10.000 Euro gegenüber
dem Senat. Dazu Rechtsanwalt Peter Kremer, der die DUH in dem
Verfahren vertritt: „Die Frage, ob das Verwaltungsgericht gegenüber
dem Senat auch schärfere Zwangsmaßnahmen ergreifen kann, wird gerade
in einem Verfahren im Zusammenhang mit dem Luftreinhalteplan München
vom Europäischen Gerichtshof geklärt. Der Senat wäre gut beraten, das
Urteil nunmehr umgehend und vollständig umzusetzen.“

Konkret moniert die DUH in dem Vollstreckungsantrag folgende
Punkte:

Der Senat kommt seiner Verpflichtung aus dem Urteil schon deshalb
nicht nach, weil er die vom Gericht gesetzte Frist nicht eingehalten
hat und damit den Berlinern weiter die mit Dieselabgasen belastete
Luft über dem gesetzlich erlaubten Grenzwert zumutet.

Der Senat berücksichtigt mehrere von ihm selbst festgestellte
Grenzwertüberschreitungen nicht, unter anderem in den Straßen Alt
Friedrichsfelde, Berliner Allee, Buschkrugallee, Hermannplatz,
Landsberger Allee und Michael-Brückner-Straße sowie an der
Stadtautobahn im Bereich des Autobahndreiecks Charlottenburg. Der
Senat ist jedoch verpflichtet, im gesamten Stadtgebiet für saubere
Luft zu sorgen.

Der Senat kündigt im Entwurf des Luftreinhalteplans eine
Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung als NO2-Minderungsmaßahme an.
Die DUH begrüßt und unterstützt Parkraumbewirtschaftungen
grundsätzlich, bezweifelt aber, dass die Maßnahme rechtzeitig und
umfassend umgesetzt wird. Dazu müssten die Flächen mit
Parkraumbewirtschaftung in maximal eineinhalb Jahren innerhalb des
S-Bahn-Rings verdoppelt werden. Der Senat ist hierfür auf die
Zusammenarbeit mit den Bezirken angewiesen. Ob die Bezirke bereit
sind, dies wie geplant umzusetzen, und ob sie über die dafür
erforderlichen Kapazitäten verfügen, bleibt im Luftreinhalteplan
außerdem offen.

Die DUH kritisiert zudem die zu wenigen und ausnahmslos
streckenbezogen geplanten Diesel-Durchfahrverbote als weitgehend
unwirksam. Die Dieselfahrverbote sind auf weitere Strecken oder
idealerweise eine Diesel-Fahrverbotszone im Bereich des S-Bahnrings
auszudehnen. Dies verhindert Ausweichverkehre und schafft Anreize,
dass die besonders schmutzigen Diesel-Fahrzeuge der Abgasstufe Euro
5+6 mit einer neuen Abgasanlage im Rahmen eines Hardware-Updates
nachgerüstet werden.

Laut Entwurf des Luftreinhalteplans soll für die Einhaltung des
NO2-Grenzwerts auf 59 Straßenabschnitten Tempo 30 angeordnet werden.
Das Gericht hatte im Oktober 2018 den Senat dazu verurteilt, die
Minderungswirkung von Tempo 30 für Stickoxide auf diesen
Tempo-30-Abschnitten zu überwachen. Der Luftreinhalteplan enthält
keine solchen Überwachungsmaßnahmen. Hinzu kommt, dass die
Tempo-30-Strecken teilweise sehr kurz sind. Dementsprechend ist davon
auszugehen, dass sie wenig beachtet werden und damit kaum den
erforderlichen Effekt nach sich ziehen.

Links:

Zum Vollstreckungsantrag sowie zur eingereichten Stellungnahme der
DUH zum Entwurf der 2. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für
Berlin: http://l.duh.de/p190611

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
0171 3649170, resch@duh.de

Peter Kremer, Rechtsanwalt, kremer | werner rechtsanwälte
030 28876783, kremer@kremer-werner.de

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