Die deutschen Versicherer fordern mehr Information
der Bevölkerung über Naturgefahren, wie Hochwasser und Starkregen.
„Insbesondere das Risiko von Ãœberschwemmungen ist nicht genügend
bekannt. Nur, wenn die Menschen die Gefahr kennen, werden sie sich
schützen“, sagte Alexander Erdland, Präsident des Gesamtverbandes der
Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) heute anlässlich der
Naturgefahrenkonferenz der deutschen Versicherer in Berlin.
Er fordert Bund und Länder, Verbraucherschützer und
Wasserwirtschaft auf, sich gemeinsam mit der Versicherungswirtschaft
an einem bundesweiten Naturgefahrenportal und einer nationalen
Informationskampagne für die Bevölkerung zu beteiligen. Ziel ist es,
die Menschen aktiv über ihr individuelles Risiko zu informieren.
„Die eigene Betroffenheit durch Ãœberschwemmungen unterschätzen die
Menschen meist“, so Erdland. Vor allem, wer fernab eines Flusses
wohnt, glaubt kaum, selbst Opfer einer Ãœberschwemmung zu werden.
Dabei entstanden bei der jüngsten großen Flut im vergangenen Jahr 85
Prozent der Schäden weitab großer Flüsse. Auslöser waren anhaltende
Regenfälle. Eine Studie von führenden Klimaforschern und Versicherern
zeigt, dass sich Hochwasser¬schäden bis zum Ende dieses Jahrhunderts
verdoppeln oder gar verdreifachen können.
Dem Vorwurf, dass es in Risikogebieten keinen Versicherungsschutz
gäbe, hielt Erdland entgegen, dass die deutschen Versicherer für
nahezu alle Gebäude Versicherungsschutz gegen Hochwasser anbieten.
„Es mangelt nicht an Angeboten, eher an der Nachfrage“, so Erdland.
Bislang ist nur jedes dritte Haus gegen Ãœberschwemmungen versichert.
Der Einführung einer Pflichtversicherung stehen die deutschen
Versicherer weiterhin kritisch gegenüber. Erdland: „Es muss in erster
Linie darum gehen, den Menschen Leid und Verlust zu ersparen.
Versicherungsschutz verhindert keine Katastrophen.“ Die Erfahrung in
Großbritannien habe beispielsweise gezeigt, dass durch eine
Pflichtversicherung der Anreiz für Eigenvorsorge und Prävention
verloren geht. Wenn jeder Schaden in jedem Fall ersetzt wird, bleiben
staatlicher und individueller Hochwasserschutz auf der Strecke. Die
Folge: Schäden nehmen zu, Versicherungsbeiträge steigen. Die
Pflichtversicherung wäre auch ein Freibrief, weiter in
hochwassergefährdeten Gebieten zu bauen. Nicht zuletzt würde die
Pflichtversicherung den Steuerzahler kaum vor staatlichen
Hilfspaketen schützen. Denn die Gelder daraus fließen weit
überwiegend in die Wiederherstellung der öffentlichen Infrastruktur,
die sich traditionell nicht versichert.
Wirkungsvoller als eine Pflichtversicherung sei es daher, die
Folgen einer Katastrophe möglichst gering zu halten. Und für Schäden,
die sich trotz Schutzmaßnahmen nicht vermeiden lassen, sollte die
Versicherungsdichte auf freiwilliger Basis erhöht werden. „Der beste
Schutz der Menschen sind Prävention und Versicherung zusammen“, so
Erdland.
Das Europäische Parlament hatte sich im Februar gegen die
Einführung einer europaweiten Pflichtversicherung von
Naturkatastrophen ausgesprochen. Die Abgeordneten sehen Prävention
als das wichtigste Mittel zum Schutz der Menschen und zur Vermeidung
von Schäden durch Naturkatastrophen. Aus Sicht des EU-Parlaments sei
es für alle Beteiligten wirtschaftlicher, die Folgen einer
Katastrophe möglichst gering zu halten, als nur im Nachhinein die
Schäden zu regulieren. In Deutschland beschäftigt sich Ende Juni die
Justizministerkonferenz wieder mit der Frage einer
Pflichtversicherung.
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