Schäuble „nicht unglücklich“ ohne Bundespräsidentenamt / „2004 kein Bedauern, als es anders kam“ / Finanzminister kann sich prinzipiell auch Leben ohne Politik vorstellen

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bedauert
nicht, dass ihm das Amt des Staatsoberhauptes in seiner Karriere
verwehrt geblieben ist. „Ich bin nicht unglücklich, dass es anders
gekommen ist“, sagte der CDU-Politiker der taz-Wochenendausgabe.

„Wir reden ja über 2004. Als mir Richard von Weizsäcker damals
sagte: –Sie müssen das machen–, da war ich geschmeichelt. Trotzdem
habe ich zu meiner Frau gesagt: –Ich weiß nicht, ob wir so glücklich
wären, wenn ich das werden sollte.– Also gab es auch kein Bedauern,
als es anders kam.“

Obwohl Schäuble 2004 als Kandidat im Gespräch gewesen war, hatten
sich CDU, CSU und FDP auf eine gemeinsame Nominierung von Horst
Köhler verständigt. Der Minister sagte, er sei damals nicht
enttäuscht von Bundeskanzlerin Angela Merkel gewesen. „Da sie mich
nicht für das Amt ins Gespräch gebracht hat, konnte sie mich auch
nicht fallen lassen.“ Sein Verhältnis zur Kanzlerin sei gut. Dass er
deutlich älter ist als Merkel, sei ein Vorzug. „Mein Alter schafft
Vertrauen.“

Mit Blick auf die FDP sagte er: „Ich muss aber zugeben, dass ich
damals die FDP-Position – jeder, aber nicht Schäuble – nicht
verstanden habe.“ In den Neunzigerjahren habe er in der
schwarz-gelben Koalition sehr eng mit den Liberalen zusammen
gearbeitet. „Früher habe ich gedacht, in meiner Partei würde man mir
vorwerfen, ich sei zu fair zur FDP.“

Der FDP-Politikers Wolfgang Kubicki hatte kürzlich erklärt,
Schäuble sei wegen der ihm versagten Nominierung für die
Bundespräsidentenwahl 2004 ein FDP-Hasser. „Was Herrn Kubickis
Äußerung betrifft, so fällt diese auf ihn selbst zurück“, sagte
Schäuble der taz.

Die Debatte um Bundespräsident Christian Wulff hält der
Finanzminister für übertrieben. „Mein Gefühl ist nicht, dass in
dieser Geschichte zu wenig geredet wird. Deswegen leiste ich dazu
keinen Beitrag.“

Schäuble wird dieses Jahr 70 Jahre alt. Er sitzt seit 40 Jahren im
Bundestag. Die Politik sei spannend und packe ihn immer noch, sagte
er. „Aber ich bin nicht in dem Maße abhängig von der Politik, dass
ich ohne sie nicht leben kann.“ In der Weihnachtspause habe ihm
nichts gefehlt.

Schäubles Bruder Thomas hatte im vergangenen Jahr geäußert, der
Finanzminister sei politiksüchtig. Dazu sagte der Minister: „Schauen
Sie mal, was Sucht betrifft: Anders als mein Bruder habe ich das
Rauchen aufgehört.“

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