Stuttgarter Verwaltungsgericht setzt
Landesregierung eine Zwei-Wochen-Frist, dem Gericht mitzuteilen, dass
die Diesel-Fahrverbote für das Stuttgarter Stadtgebiet keine
generellen Ausnahmen für die Anwohner enthält und auch
Diesel-Fahrzeuge der Abgasstufe Euro 5 umfassen werden – Für den
Fall, dass diese Punkte nicht nachgebessert werden, hat das Gericht
deutlich gemacht, das von der DUH beantragte Vollstreckungsverfahren
einzuleiten und der Landesregierung ein erstes Zwangsgeld anzudrohen
– Richter Kern ordnete Akteneinsicht in alle Protokolle, E-Mails und
rechtlichen Bewertungen des Leipziger Urteils durch den Landesanwalt
sowie Schriftwechsel mit den zuständigen Behörden an und warnte
davor, diese Unterlagen zu verändern oder unvollständig zu übersenden
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat gestern über den Antrag der
Deutschen Umwelthilfe (DUH) auf Zwangsvollstreckung des
rechtskräftigen Urteils vom 19. Juli 2017 zu Diesel-Fahrverboten in
der Landeshauptstadt nicht öffentlich verhandelt (AZ:13 K 3813/18).
Richter Wolfgang Kern hat in großer Klarheit deutlich gemacht,
dass die aktuell durch die Landesregierung geplanten
„Mini-Diesel-Fahrverbote“ nicht ausreichend sind, um das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) Leipzig vom 27.2.2018 umzusetzen.
Die von der Landesregierung offensichtlich vorgesehenen pauschalen
Ausnahmen von Fahrverboten für alle Stadtbewohner Stuttgarts seien,
so das Gericht, mit dem höchstrichterlichen Urteil nach der in der
Anhörung mitgeteilten Würdigung des Gerichts unvereinbar. Umso mehr
gilt dies für den beabsichtigten Ausschluss von Euro-5-Fahrzeugen von
Fahrverboten.
Die Landesregierung hat nun zwei Wochen Zeit, den aktuellen
Entwurf des Luftreinhalteplans nachzubessern und dem Gericht
mitzuteilen, dass die Diesel-Fahrverbote für das Stuttgarter
Stadtgebiet keine generellen Ausnahmen für die Anwohner enthalten und
zudem auch Diesel-Fahrzeuge der Abgasstufe Euro 5 umfassen. Für den
Fall, dass diese Punkte nicht nachgebessert werden, hat das Gericht
deutlich gemacht, das von der DUH beantragte Vollstreckungsverfahren
einzuleiten und der Landesregierung ein erstes Zwangsgeld anzudrohen.
Dies wäre dann der Beweis dafür, dass die Landesregierung trotz
eindeutiger Hinweise des Verwaltungsgerichts nicht gewillt ist, ihren
rechtsstaatlichen Verpflichtungen zur Umsetzung von Urteilen
nachzukommen.
Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertritt:
„Niemand kann nach der gestrigen mündlichen Erörterung mehr sagen,
man hätte nicht gewusst, was zur Umsetzung des Urteils zu tun ist.“
Das Gericht zeigte sich über die fortgesetzte Verzögerungstaktik bei
der Luftreinhaltung massiv verärgert und wies die Landesregierung
darauf hin, dass die Behörden für den Schutz aller Menschen da seien,
nicht nur für den Schutz der Autofahrer. „Wir werden vielleicht das
erste Verwaltungsgericht sein, das über eine Zwangshaft für
politische Mandatsträger oder Behördenleiter beschließt“, sagte
Richter Kern bei dem gestrigen Erörterungstermin. Das Gericht ordnete
zudem Akteneinsicht in alle Protokolle, E-Mails und rechtlichen
Bewertungen des Leipziger Urteils durch den Landesanwalt sowie dessen
Schriftwechsel mit den zuständigen Behörden an und warnte davor,
diese Unterlagen zu verändern oder unvollständig zu übersenden.
„Die geplante Herausnahme gerade der schmutzigsten Diesel der
Abgasstufe Euro 5 aus den Fahrverboten zeigt die unveränderte
Fernsteuerung dieser Landesregierung aus den Konzernzentralen der
Autohersteller. Warum kämpft das grün-schwarze Landeskabinett so
verbissen gegen wirksame Maßnahmen für die Saubere Luft in Stuttgart
an?“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
DUH beantragt wegen der offensichtlichen Fernsteuerung der
Landesregierung Akteneinsicht über alle Kontakte des
Staatsministeriums beziehungsweise des Verkehrsministeriums zur
Automobilindustrie seit dem Urteil des BVerwG in Leipzig vom
27.2.2017.
Die internationale Umweltrechtsorganisation ClientEarth hatte das
Revisionsverfahren am Bundesverwaltungsgericht Leipzig unterstützt.
Ugo Taddei, Rechtsanwalt von ClientEarth sagt: „Baden-Württemberg
zeigt trotz einer Vielzahl von Verwaltungsgerichtsverfahren und einer
eindeutigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts einen
beeindruckenden Widerwillen, gegen die illegale Luftverschmutzung
vorzugehen. Die Landesregierung ignoriert die Menschen, deren
Gesundheit Tag für Tag durch das Dieselabgasgift gefährdet ist. Das
Gericht hat nun ein klares Ultimatum gestellt: Die Behörden müssen
alles Notwendige tun, um die Luftverschmutzung zu bekämpfen, oder es
wird Sanktionen geben.“
Hintergrund:
Das BVerwG hat am 27. Februar 2018 entschieden, dass zonen- und
streckenbezogene Diesel-Fahrverbote zulässig sind, um die
Luftschadstoffwerte für Stickstoffdioxid (NO2) einzuhalten. Ebenso
hat es festgestellt, dass nach den tatsächlichen Feststellungen des
verwaltungsgerichtlichen Urteils in Stuttgart keine andere Maßnahme
zur Hand ist, mit der der Grenzwert ebenso schnell eingehalten werden
kann wie mit den zulässigen Fahrverboten.
Am 26. März 2018 hat die DUH den Antrag auf Zwangsvollstreckung
gegen das Land Baden-Württemberg gestellt. Ziel ist die Umsetzung des
von der DUH erstrittenen Urteils für „Saubere Luft“ des
Verwaltungsgerichts Stuttgarts vom 19. Juli 2017, das nunmehr durch
die Entscheidung des BVerwG rechtskräftig ist.
Die DUH hatte am 17. November 2015 Klage beim Verwaltungsgericht
Stuttgart eingereicht. Am 19. Juli 2017 hat das VG Stuttgart der
Klage der DUH stattgegeben und den vorliegenden Entwurf des
Luftreinhalteplans für unwirksam erklärt.
Mehr Informationen:
Pressemitteilung vom 26.3.2018 „Für –Saubere Luft– in Stuttgart:
Deutsche Umwelthilfe leitet Zwangsvollstreckungsverfahren ein“:
http://l.duh.de/p180326
Hintergrundpapier „Klagen für Saubere Luft“: http://l.duh.de/fsl
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
0171 3649170, resch@duh.de
Prof. Dr. Remo Klinger, Rechtsanwalt Kanzlei Geulen & Klinger, Berlin
0171 2435458, klinger@geulen.com
Ugo Taddei, Rechtsanwalt ClientEarth
0032 2 808 4323, utaddei@clientearth.org
Ellen Baker, Communications Officer ClientEarth
0044 203 030 5951, ebaker@clientearth.org
DUH-Pressestelle:
Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse@duh.de
www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe, www.facebook.com/umwelthilfe
Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell