Rechtsanwalt Dresden – RA Horrion: Abmahnung behält Warnfunktion trotz Formfehler

Rechtsgrundsatz Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.Februar 2009, Az 2 AZR 603/07: Wenn der Arbeitgeber eine Abmahnung ausspricht, ohne vorher die nach Tarifvertrag vorgeschriebene Anhörung des Arbeitnehmers durchgeführt zu haben, so behält diese formell mangelhafte Abmahnung ihre Warnfunktion. Der Arbeitgeber darf eine spätere verhaltensbedingte Kündigung auf die Abmahnung stützen.

Sachverhalt: Gegenstand des Unternehmens der beklagten Arbeitgeberin war die Personenbeförderung im Nahverkehr. Der klagende Arbeitnehmer war Fahrkartenverkäufer in den Fahrzeugen. Der Kläger hielt Abrechnungszeiträume nicht ein und lieferte Geld nicht rechtzeitig ab. Bereits in der Vergangenheit hatte die Beklagte eine Abmahnung ausgesprochen, allerdings ohne vorherige Anhörung laut Tarifvertrag. Die Beklagte war damals verurteilt worden, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen.

Rechtsgründe: Das Bundesarbeitsgericht hat eine ständige Rechtsprechung zur Behandlung von formell fehlerhaften Abmahnungen entwickelt. Hiernach behält sie ihre Geltung, soweit sachliche Berechtigung besteht und Warnfunktion deutlich erkennbar ist. Die Warnfunktion sei erfüllt, wenn erkennbar sei, dass im Wiederholungsfall mit einer Kündigung gerechnet werden müsse. Aus der formellen Unwirksamkeit einer Abmahnung könne der Arbeitnehmer nicht den Schluss erleiten, der Arbeitgeber dulde sein Fehlverhalten.

Mein Rechtstipp: Wird ein unstreitig begangener Pflichtenverstoß vom Arbeitgeber abgemahnt, so wird dadurch die Grundlage für eine personen- oder verhaltensbedingte Kündigung geschaffen. Dies ist für den Arbeitgeber ein Vorteil und für den Arbeitnehmer eine Gefahr. Ist der Pflichtenverstoß streitig, sollte eine Rechtsberatung hinzu gezogen werden.