Rechtsanwälte Dresden – RA Horrion: Die Zahlung von Sozialversicherungbeiträgen während der Insolvenzreife ist vom Geschäftsführer zu erstatten!

BGH, Urteil vom 8. Juni 2009 – II ZR 147/08 – OLG München
LG München I:

GmbHG § 64 Satz 1 und 2

„Die Zahlung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung durch den Geschäftsführer ist nach der Insolvenzreife der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns nicht vereinbar und führt zur Erstattungspflicht nach § 64 Satz 1 und 2 GmbHG“.

Gesetzesregelung: Nach § 64 Satz 1 GmbHG ist der Geschäftsführer verpflichtet, Zahlungen der GmbH an Dritte der Gesellschaft zu erstatten, wenn die Zahlungen nach Insolvenzreife erfolgt sind. Dies gilt gemäß § 64 Satz 2 GmbHG nicht für Zahlungen, die der Geschäftsführer mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns veranlasst hat.

Sachverhalt: In dem zu entscheidenden Fall klagte der Insolvenzverwalter gegen den Geschäftsführer auf Zahlung von 6.937,09 €. Es ging um eine Bedachungs GmbH, welche seit Ende 2003 durchgängig überschuldet war. Im Juni und August 2005 veräusserte der Geschäftsführer Gegenstände aus dem Anlage- und Umlaufvermögen. In Höhe von 6.937,09 € zahlte er Beiträge zur Sozialversicherung. Am 30.11.2005 wurde die Insolvenz eröffnet.

Aus den Gründen: Die Zahlung von Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung in der Insolvenzreife sind mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns nicht vereinbar. Im Gegensatz dazu sind Zahlungen von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar. Die Nichtzahlung löst strafrechtliche Folgen aus, § 266 a Abs. I StGB.
Arbeitnehmeranteile werden nur dann vorrangig getilgt, wenn der Arbeitgeber eine dahingehende Tilgungsbestimmung getroffen hat. Wird keine Tilgungsbestimmung vorgenommen, so erfolgt nach der Beitragsverfahrensverordnung zunächst die Verrechnung auf die Arbeitgeberbeiträge.

Mein Tipp: Regelmäßig Vermögens- und Liquiditätsstatus erheben zur Feststellung der Insolvenzreife, d.h. Eintritt Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Zahlungsunfähigkeit nach
§ 17 Abs. 2 InsO liegt bereits dann vor, wenn auf fällige Verbindlichkeiten ein Geldmangel von 10% und mehr besteht und dieser Zustand 3 Wochen übersteigt. Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen die Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, § 19 Abs. 2 InsO.