
MANNHEIM. Hersteller von Luxusmarken haben weltweit mit Produktpiraterie zu kämpfen. Die Veröffentlichung von Prof. Dr. Hans Rüdiger Kaufmann von der Mannheimer Hochschule der Wirtschaft für Management (HdWM) und seinem Ko-Autoren Team zeigt, welche Gründe Kunden zum Kauf von Fälschungen bewegen und wie Marketingstrategien dem entgegenwirken.
Was sich nur wenige leisten können, wird umso mehr begehrt. Dies gilt vor allem für Luxusgüter. Fälschungen überschwemmen den Markt und werden von vielen als Statussymbole gekauft – mit beträchtlichen Einbußen für die Hersteller der Originalprodukte und die jeweiligen Volkswirtschaften. Die Arbeit von Prof. Dr. Hans-Rüdiger Kaufmann, Studiengangsleiter an der HdWM, und seinem internationalen Ko-Autoren Team zeigt, welche Gründe zum Kauf von Fälschungen verleiten und wie sie ihren Reiz durch emotionale Markenbindung wieder verlieren.
Schweiz und Brasilien als Markt-Beispiele: Analyse von Prof. Dr. Hans Rüdiger Kaufmann & Team
Die Arbeit vergleicht insbesondere die unterschiedlichen Ausprägungen dieses Phänomens in wirtschaftlich etablierten Märkten (z.B. der Schweiz) und Schwellenmärkten (z.B. Brasilien). Es ist die erste quantitative Studie in Schwellenmärkten, die die Beziehung zwischen Markenbindung und der Kongruenz von Markenwerten und dem Selbstkonzept von Verbrauchern zum Gegenstand hat. Erschienen ist die Arbeit im Journal of Business Research.
Die Produktpiraterie war bereits Gegenstand vieler Studien. Kaufmann und seine Kollegen zeigen nun im Detail, wie besonders Luxusprodukte von illegalen Nachbildungen geschädigt werden und rufen dazu auf, sich dieser potenziellen Gefahr noch bewusster zu sein. In Schwellenländern, wo die Schere zwischen arm und reich weit auseinanderklafft, ist der Markt für Fälschungen besonders groß. Hier kann man schnell sozial aufsteigen, kennt den Luxus der Reichen und doch ist er für die meisten unerschwinglich – der ideale Nährboden für den Fälschungsmarkt. Die Forschungsarbeit basiert auf zwei Studien, die in Brasilien mit Käuferinnen von Designerhandtaschen durchgeführt wurden. Alle Frauen stammen aus der Mittelschicht.
Nicht legaler Billigkauf: Zum Fälschungsprodukt besteht nur eine geringe emotionale Bindung
Die Autoren konnten belegen, dass die Käuferinnen von gefälschten Handtaschen insbesondere Freude an dem sozialen Prestige und dem geringeren Preis der Markenhandtasche hatten, wobei sie nur eine geringe emotionale Bindung zum Fälschungsprodukt haben. Entscheidend für den Kauf ist der Wunsch, sich zu profilieren und zu einer sozialen Gruppe zu gehören. Stolz – im Falle der Originalmarke – ein hochwertiges Produkt sein Eigen zu nennen, war dagegen nicht ausschlaggebend.
Für die Käuferinnen der Originale war laut der Studie aber genau das entscheidend für den Kauf, denn bei ihnen steht der Besitz eines begehrten Stückes im Vordergrund. Darüber hinaus ist ihre Identifikation mit der Marke höher, da sie sich dem Produkt und der Marke emotionaler verbunden fühlen. Der Kauf eines Imitats steht für sie deshalb nicht zur Debatte. Es vermittelt ihnen einfach nicht das gleiche Gefühl.
Gefälschte Produkte werden auf ihre Kernattribute reduziert – des Preises wegen
Die emotionale Ebene, dass nur das Original das volle Produkterlebnis verspricht, ist der Punkt an dem Marketingpraktiker ansetzen sollten: Kommunikation, die auf eine emotionale Markenbindung, Ruf und Stolz setzt, schafft Anreize für den Kauf des Originals, mit denen die Kopie nicht aufwarten kann. Kommunikationsstrategien des Marketings für Originalluxusmarken sollten darüber hinaus Prestige, Exklusivität, Belohnungsaspekte und Qualität in den Vordergrund stellen.
Darüber hinaus belegt die Arbeit, dass Marketingstrategien nach wirtschaftlich etablierten Ländern und Schwellenländern differenzieren sollten. Die speziellen lokalen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedingungen sollten berücksichtigt werden. Überlegenswert ist in diesem Zusammenhang, ob disruptive Innovationsstrategien und/oder Blue Ocean Strategien angewandt werden sollten, um Marken auf ihre Kernattribute zu reduzieren und dafür erschwinglicher zu machen.
Marken verstärken Bemühungen zur Schaffung einer innigen Beziehung zum Original-Produkt
Zusammenfassend sollten von Fälschungen geplagte Hersteller auch hierzulande ihre Bemühungen auf die Schaffung einer innigen Beziehung zum Produkt lenken. „Social Media ist für die emotionale Markenbindung ein sehr guter Kanal“, erklärt Prof. Dr. Kaufmann. „Die Menschen teilen Ihre Erfahrungen und Emotionen in sozialen Netzen und Marken-Gemeinschaften, weil sie sich bereits mit ihnen verbunden fühlen. Daran können die Maßnahmen anknüpfen, um diese bestehende emotionale Verbindung zu festigen und weiter auszubauen.“ Gegen wahre (Produkt-)Liebe kommt eben auch die beste Fälschung nicht an.
Prof. Dr. Hans-Jürgen Kaufmann ist Studiengangsleiter des Fachbereichs Management und Unternehmensführung an der Hochschule der Wirtschaft für Management (HdWM). Die HdWM ist eine staatlich anerkannte, private Hochschule im Herzen Mannheims, die seit 2011 von Firmen geförderte Management-Studiengänge mit Bachelorabschluss anbietet. Ein vielfältiges Weiterbildungsangebot für Fach- und Führungskräfte aus Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung sowie ein managementorientiertes Master-Programm runden das Bildungsangebot der HdWM ab. Der Internationale Bund (IB) als Mehrheitsgesellschafter leistet durch seine jahrelange unternehmerisch erfolgreiche Tätigkeit einen wertvollen Beitrag zur Gestaltung des Bildungsmarkts.