Im Mittelpunkt der Forderungen vom Bundesverband der Berufsbetreuer/innen (BdB), dessen Kampagne auf dem Potsdamer Platz in Berlin zu Ende ging, stehen eine Finanzierung der tatsächlich notwendigen Arbeitszeit je Klient, eine Erhöhung der Vergütung auf mindestens 50,00 Euro netto pro Arbeitsstunde und die Anerkennung der Tätigkeit als Beruf, für den als Qualifikation ein Masterstudiengang nachgewiesen werden muss.
Lohnerhöhung indirekt erreichen
Die Sozialpolitikerin der Berliner Regierungspartei Linke, Minka Dott, sieht jedoch angesichts der Sparzwänge keine Möglichkeit für eine Erhöhung der Vergütung. Sie wolle jedoch „darum kämpfen, die Betreuungszeiten zu verändern, um über diesen indirekten Weg zu einer Lohnerhöhung zu kommen“.
Bisher sieht der Gesetzgeber für die rechtliche Betreuung pro Klient nur zwei bis drei Stunden Arbeitszeit pro Monat vor – zu wenig für Aufgaben wie Kontoführung, Schriftwechsel mit Sozialämtern oder Pflegekassen und die persönliche Betreuung der hilfsbedürftigen Menschen, um die sich die von den Betreuungsrichtern eingesetzten Berufsbetreuer/innen kümmern. Darum, so die Politikerinnen auf der BdB-Veranstaltung übereinstimmend, sollte die Pauschalisierung zu Gunsten von individuellen Lösungen abgeschafft werden.
Fachtagung schnell organisieren
Auf dem Weg dahin begeisterten die Parlamentarierinnen mit konkreten Angeboten: Ülker Radziwill und Jasenka Villbrandt (Bündnis 90/Grüne) wollen bereits in den kommenden vier Wochen eine Fachtagung organisieren, auf der besprochen werden soll, welche der Forderungen der Berufsbetreuer/innen zeitnah umgesetzt werden können. Und die FDP-Politikerin für Bundesthemen, Sylvia Maria von Stieglitz, will Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in die Thematik der Berufsbetreuung einbeziehen, da die rechtlichen Aspekte bundesweit Relevanz haben.
Der Berliner Landesvorsitzende des BdB, Thomas Behrendt, zeigte sich beeindruckt von der Aktionsfreude der Politikerinnen, verwies jedoch auch auf seine Erfahrungen aus mehr als zehn Jahren Arbeit als Berufsbetreuer: „So lange es nichts kostet, können wir immer leicht einer Meinung sein…“. Gleichwohl begrüßte er ausdrücklich die Anregung zu einer Bundesratsinitiative: „Unser Stundenlohn beruht auf einer zehn Jahre alten Festlegung. Wenn ich alle Kosten und Steuern abgezogen habe, arbeit ich für 13 Euro in der Stunde – das ist real weniger als noch vor zehn Jahren.“
Stille und Leise nicht vergessen
Die Konsequenz: Reichten einst vierzig Klienten aus, damit Berufsbetreuer/innen ein Auskommen hatten, so müssen sie heute fünfzig Fälle übernehmen. Das führt dazu, dass für den einzelnen alten, kranken oder behinderten Menschen oft zu wenig Zeit bleibt. „Dabei werden oft die stillen, die leisten Klienten vergessen“, zu denen viele Demenzkranke zählen, wie Berufsbetreuerin Brigitte Nelles erläuterte.
FDP-Politikerin von Stieglitz, mahnte daher, man dürfe die „Menschen nicht wie Akten behandeln“. Und ihre Kollegin Minka Dott forderte die Berufsbetreuer/innen auf: „Kommen Sie aus Ihrer Bescheidenheit heraus und werden Sie laut – so, wie es andere auch tun!“ Mit der geplanten Fachtagung und der in Aussicht gestellten Bundesratsinitiative will der BdB weitere Schritte in diese Richtung unternehmen.
Zur Kampagne
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