PIV Expertentalk: Frischzellenkur für die Imaging-Branche

Frankfurt am Main, 14. November 2018 ─ Der Photoindustrie-Verband (PIV) unterstützt
mit seiner Startup-Initiative junge Unternehmen mit zielgerichteten Informationen und
dem Know-how des eigenen Netzwerks.
Im Rahmen dieser Initiative veranstaltete der PIV einen Expertentalk, um exemplarisch
zu zeigen, wie neue und etablierte Firmen kooperieren können. Mit dabei waren Markus
Elsässer (Gründer und Verleger StartupValley Magazine), Dr. Reiner Fageth
(Vorstandsmitglied CEWE) sowie Konstantin Kurz und Max Bäumle (beide Mitgründer
und Software-Entwickler Osmako).

Bei der Gründung eines Startups sorgen sogenannte “Acceleratoren” („Beschleuniger“,
meist Institutionen) und “Incubatoren” (Institutionen, Unternehmen etc.) dafür, dass ein
Jungunternehmen in der Anfangsphase schneller wächst. Dabei werden neben Wissen,
Coaching und Netzwerk auch Arbeitsplätze sowie Ressourcen zur Verfügung gestellt.
Beim Inkubator kommen die Ideen meist “von innen”, beim Accelerator über externe
Gründerteams. Während ein Accelerator vorrangig das Ziel verfolgt, das Wachstum eines
Startups durch Know-how und Ressourcen innerhalb kürzester Zeit voranzutreiben, steht
beim Inkubator die Schaffung neuer, kreativer Ideen für das Startup im richtigen Tempo
im Vordergrund.
Reiner Fageth: „Wenn man in ein Startup investiert, kann man es nicht einfach so laufen
lassen. Die Gründer müssen performen, Perspektiven und Visionen haben. Allerdings ist
vom Management her die Kompatibilität von mittelständischen Unternehmen zu Startups
nicht immer gegeben. CEWE ist an diversen Startups zwischen 10 und 100 Prozent
beteiligt. (…) Für uns zählt das Gründerteam mehr als die Idee. Es muss passen und
kompatibel sein, wie etwa bei Cheerz, an dem wir uns mit 80 Prozent beteiligt haben.
Aber da sitzt auch konstant jemand aus unserem Management in deren
Geschäftsführung.“
Ein Startup aus der Imaging-Branche und ganz am Anfang seiner Firmengeschichte ist
Osmako, das beispielhaft für viele andere Jungunternehmen an der PIV Expertenrunde
teilnahm. Ihr Ziel: Nicht weniger als eine neue Mittelformatkamera zu entwickeln, zu
bauen und erfolgreich im Markt zu platzieren. Die ersten Erfahrungen fasst Konstantin
Kurz zusammen: „Es ist am Anfang nicht leicht, den Fuß in die Tür zu bekommen und mit
so einer Idee ernst genommen zu werden. Trotzdem haben wir die Erfahrung gemacht,
dass große Unternehmen gegenüber Startups grundsätzlich sehr aufgeschlossen sind.
Denn wir stehen in der Imaging-Branche vor einem großen Umbruch und keine der
etablierten Unternehmen möchte etwas verpassen. Für die ersten Gespräche mit
Etablierten hat uns der PIV als Vermittler sehr geholfen.“

Auf die Frage, wie man auf die ambitionierte Idee kommt, eine neue Kamera zu
entwickeln, sagt Konstantin Kurz: „Es ist durchaus reizvoll, eben nicht das nächste
Digitalisierungsprojekt zu machen, sondern die Kompetenzen, die in den einzelnen
Gründern vorhanden sind, zu kombinieren. Ein neues, einfaches Bedienkonzept ist eine
Kernidee unseres Konzeptes. Aber ein zentrales Element einer Kamera ist und bleibt der
Sensor. Diesbezüglich haben wir uns an einen großen und etablierten Sensorhersteller
gewendet. Für uns stand dabei immer die Frage im Raum, die sicherlich auch viele
andere Startups zu beantworten haben: Wie viel kann und darf ich anfangs preisgeben,
um überzeugend zu wirken, ohne aber zu viel zu verraten, um die Idee später patentieren
lassen zu können?“ Bis Oktober wollen die Jungunternehmer einen integrierten
Prototypen ihrer Kamera bauen. „Im Idealfall finden wir einen strategischen Investoren,
weil er uns beim Marktzugang, Vertrieb und mit weiteren Partnern helfen kann.“
Markus Elsässer weiß: „Ein strategischer Partner, der Geld und Netzwerk bringt, ist Gold
wert. Ich rate dazu, Klinken zu putzen, zu Pitch-Events gehen und nach einem
passenden Investor Ausschau zu halten.“

Wie aber kommen mittelständische Unternehmen an geeignete Startups? CEWE
Manager Fageth: „Wir machen das zweigeteilt. Einerseits sind wir an zwei Fonds
beteiligt, die unterschiedlich positioniert sind. Damit bekommen wir den kompletten
Dealflow mit. Und wir schauen uns die Entwicklungen des Marktes an, welche Trends es
gibt. Gibt es Anknüpfungspunkte zum Imaging? Gibt es Matches in Bezug auf die
Kernkompetenzen von CEWE wie Datenmanagement, Internethandel, Kundenkontakt in
den europäischen Handel? Punkt zwei der Startup-Suche betrifft die Imaging-Branche
selber. Jeder in unserem sechsköpfigen Vorstand schaut, was es Neues und
Interessantes gibt und stellt das den Kollegen vor. Wenn das Unternehmen dahinter dann
überzeugend ist, machen wir ein Investment.“
Was aber noch nicht heißt, dass die Zusammenarbeit dann auch funktioniert: Oftmals, so
Elsässer, fühlen sich Investoren nicht genug in Entscheidungen eingebunden und anders herum fühlen sich Gründer oftmals bevormundet und durch den Investor in ihrer
Entscheidungskraft eingeschränkt. Entscheidender Erfolgsfaktor, da sind sich die
Experten einig, ist das Gründerteam. Aber auch Gründer müssen umgekehrt abschätzen,
ob der Investor oder Business Angel zu ihnen passt. Reiner Fageth weiß: „Strategische
Partner werden klare KPIs vorgeben, als Venture Capitalist zählen eher Meilensteine.
Zwischen den Milestones hast du als Gründerteam relativ viele Freiheiten, da fragt keiner
nach KPIs. Grundsätzlich ist man bei einem Strategen auskunftspflichtiger als beim
Venture Capitalist.“

Über ihre Zukunft im Allgemeinen und in drei Jahren im Konkreten befragt, haben die
Experten unterschiedliche Perspektiven. Osmako würde in drei Jahren „gerne die
Kamera schon auf dem Markt etabliert und die Plattform auf ein weiteres Modell skaliert
haben. „Das ist eine Vision, die ambitioniert ist“, so Max Bäumle von Osmako. Welche
Rolle spielen Startups in Zukunft bei CEWE? Reiner Fageth sagt grundsätzlich: „Es ist
extrem wichtig, mit jungen und dynamischen Unternehmen zusammenzuarbeiten und
gemeinsam Businessmodelle zu entwickeln. Wenn du nicht mit Startups
zusammenarbeitest, schneidest du dir ein gewisses Maß an Kreativität und Innovation
ab.“
Markus Elsässer ist bezüglich der Zukunft von Startups in Deutschland grundsätzlich
optimistisch: „Ich denke, dass die Startup Community kräftig weiterwächst. Es entstehen
überall in Deutschland Gründerzentren und es gibt sehr viele Firmen, die ein Interesse
haben, in Startups zu investieren. Es wäre ganz fantastisch, wenn einer der nächsten
Global Player aus Deutschland kommen würde. Das Potenzial dazu haben wir: Eine gute
Wirtschaft, gute Unternehmen, gute Studenten und innovative Startups.“ Die Regierung,
so Elsässer, muss aber noch an verschiedenen Hebeln unterstützend tätig werden.
Schaut man beispielsweise auf die neue Datenschutzgrundverordnung, so ist das für
kleine Unternehmen, die keine eigene Rechtsabteilung haben, ein echtes Problem. Wird
Verordnung aber nicht eingehalten, können die Kosten für einen Rechtsanwalt so ein
Startup schnell finanziell ans Ende bringen. Da wäre laut Elsässer eine vorgegebene
Standardverordnung sinnvoll, die eingehalten werden muss, bis nach einem gewissen
Zeitraum genug Geld da ist, um die Verordnung gänzlich umzusetzen. Das gilt seiner
Meinung nach auch für IHK-Rechnungen, Vorsteuer und so weiter: „Das Ganze könnte
man für eine gewisse Zeit ruhen lassen, um den Startups den Start zu erleichtern. Und
das nicht nur finanziell gesehen, sondern auch bezüglich der Zeit, die für die Umsetzung
dieser Dinge investiert werden muss.“

Vielleicht kommt ja der nächste Startup-Star aus deutschen Landen? Expertentalk
Gastgeber Christian Müller-Rieker, PIV Geschäftsführer, sieht die Branche und die PIV
Startup-Initiative jedenfalls auf einem guten Weg: „Die Startup-Initiative trägt jetzt erste
Früchte, weil wir schon vor einigen Jahren erkannt hatten, dass unsere Industrie, die aus
einem geschlossenen Ökosystem kam, sich öffnen wird. Wir haben auch klar erkannt,
dass der Dialog immens wichtig ist, gerade wenn man aus so einer geschlossenen
Imaging-Branche kommt. Wir wollen als Verband auch in Zukunft der Impulsgeber sein,
um aus diesem geschlossenen ein neues, freies Imaging Ökosystem zu entwickeln, das
prosperiert und wächst. Das ist wie eine Frischzellenkur für unsere Branche. Dafür
müssen wir Anreize geben und Plattformen wie die Startup-Initiative entwickeln, da es ja
sonst keine vergleichbare Institution in der Branche gibt. Wir freuen uns auf weitere
starke Kooperationen zwischen Startups und etablierten Unternehmen und werden als
PIV alles tun, um diese neuen Formen der Kooperationen weiter zu fördern.“