Pharmabranche fehlt Rezept gegen Korruption: Verschreibung mit Nebenwirkungen

PwC-Studie: Pharmahersteller sehen
Geschäftsbeziehungen zu Ärzten zunehmend kritisch /
Korruptionsprävention kommt dennoch zu kurz / Wirtschaftskriminalität
ist in der Branche stark verbreitet

Die deutschen Pharmaunternehmen sind bei der Gestaltung ihrer
Geschäftsbeziehungen zu niedergelassenen Ärzten sensibler für
Korruptionsgefahren geworden. Die Überlassung von Geräten, die
Vergabe von Anwendungsbeobachtungen und Beraterverträge sehen
mittlerweile gut drei Viertel der befragten Unternehmen als ein
signifikantes Korruptionsrisiko. Immerhin 70 Prozent der Befragten
sehen ein erhöhtes Risiko bei Auftragsvergaben von
Arzneimittelstudien, wie aus der Studie „Wirtschaftskriminalität –
Pharmaindustrie“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft
PwC und der Universität Halle-Wittenberg hervorgeht.

Im Jahr 2011 war das Problembewusstsein deutlich schwächer
ausgeprägt: Nur gut jedes zweite Unternehmen sah die
Geräteüberlassung (50 Prozent), Beraterverträge (54 Prozent) oder die
Auftragsvergabe von Studien (53 Prozent) als potenzielle Einfallstore
für Korruption. Die Anwendungsbeobachtung, bei der Ärzte die
Wirkungen bereits zugelassener Medikamente dokumentieren, bewerteten
vor zwei Jahren immerhin gut 60 Prozent der Befragten kritisch.

„Offenkundig haben prominente Verdachtsfälle, in denen
niedergelassene Ärzte für mehr oder weniger verdeckte Zuwendungen
bevorzugt bestimmte Medikamente verschrieben haben sollen, den
Pharmaunternehmen die Risiken deutlich vor Augen geführt. Allerdings
tun viele Unternehmen nach wie vor zu wenig, um derartige Absprachen
zu unterbinden“, kritisiert Michael Burkhart, Partner bei PwC und
Leiter des Bereichs Gesundheitswesen und Pharma.

Für die sechste Studie zur Wirtschaftskriminalität wurden im
Sommer 2011 deutschlandweit 830 Unternehmen befragt, darunter 36 aus
der Pharmabranche. An einer Folgebefragung von 2013, in der die
Einschätzung der Korruptionsrisiken in Geschäftsbeziehungen zu
niedergelassenen Ärzten abgefragt wurde, nahmen 50 Unternehmen aus
der Pharmabranche teil.

Korruptionsprävention wenig verbreitet

Nur jedes dritte Pharmaunternehmen (Stand 2011) verfügt über ein
spezifisches Anti-Korruptionsprogramm. Im branchenübergreifenden
Durchschnitt hat weit mehr als die Hälfte der Unternehmen (59
Prozent) ein derartiges Programm implementiert. Ein allgemeines
Compliance-Programm haben sogar nur 22 Prozent der Pharmaunternehmen
im Vergleich zu 46 Prozent der Unternehmen aller Branchen. Dennoch
zeigten sich 70 Prozent der Unternehmen davon überzeugt, dass die
eigenen Maßnahmen zur Korruptionskontrolle „vollkommen ausreichen“.
Auf der anderen Seite halten 63 Prozent der in 2013 befragten
Unternehmen eine gesetzliche Regelung für sinnvoll, die die Annahme
von Bestechungsgeld durch Ärzte unter Strafe stellt.

Kritisch gegenüber Compliance

Die geringe Verbreitung von Compliance-Programmen ist mit
grundsätzlichen Vorbehalten zu erklären: In der Befragung von 2011
äußerten 48 Prozent der Pharmaunternehmen ohne Compliance-Programm
die Ansicht, dass eine Einführung zu kostenintensiv sei, 54 Prozent
hielten den zu erwartenden Nutzen für zu gering. Gut ein Drittel der
Unternehmen begründete den Verzicht auf ein Compliance-Programm
damit, dass eine Einführung vor allem Misstrauen schaffe. „Die
ausgeprägt skeptische Haltung gegenüber Compliance-Programmen sollte
die Branche unserer Ansicht nach dringend revidieren. Denn gerade im
Pharmabereich wird Korruptionsverdacht oder auch Preisabsprachen von
der Öffentlichkeit aufmerksam verfolgt. Die resultierenden
Imageschäden sowie ein hoher zeitlicher Aufwand für das
unternehmensinterne Management von Fällen müssen bei der
Kosten-Nutzen-Analyse von Compliance-Programmen unbedingt
berücksichtigt werden“, betont Steffen Salvenmoser, Partner bei PwC
im Bereich Forensic Services.

Über einen Reputationsverlust durch Wirtschaftskriminalität
allgemein berichten immerhin fast vier von fünf geschädigten
Pharmaunternehmen. Eine Beeinträchtigung der Geschäftsbeziehungen
konstatieren sogar 85 Prozent der Betroffenen, und gut 60 Prozent
mussten zur Aufarbeitung von Schadensfällen signifikante Ressourcen
in die Öffentlichkeitsarbeit investieren.

Verbreitung von Wirtschaftskriminalität in der Pharmabranche

Der Studie zufolge waren zwischen 2009 und 2011 gut vier von zehn
Unternehmen (42 Prozent) von Wirtschaftskriminalität betroffen. Damit
liegt die Quote leicht unter dem branchenübergreifenden Durchschnitt
von 52 Prozent. Werden neben den eindeutigen Straftaten auch die
konkreten Verdachtsfälle berücksichtigt, steigt der Anteil der
geschädigten Pharmaunternehmen allerdings auf 67 Prozent. Zum
Vergleich: Branchenübergreifend berichteten 73 Prozent der
Unternehmen über nachgewiesene Delikte oder konkrete Verdachtsfälle.
Allerdings ist Korruption keineswegs die einzige Deliktart, mit der
sich Pharmaunternehmen auseinandersetzen müssen. Die mit Abstand
häufigste Deliktart in der Pharmabranche sind Verstöße gegen das
Patent- bzw. Markenrecht. Jedes vierte befragte Pharmaunternehmen
berichtete über mindestens einen nachgewiesenen Fall, in der
Gesamtstichprobe aller Unternehmen waren demgegenüber nur 17 Prozent
betroffen. Im Pharmasektor vergleichsweise wenig verbreitet sind
demgegenüber Vermögensdelikte, die lediglich 14 Prozent der Befragten
geschädigt haben (Unternehmen insgesamt: 32 Prozent).

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