Kanzleramtsminister Peter Altmaier hat in
ungewöhnlich deutlicher Form jene europäischen Regierungen
kritisiert, die mit nationalen Alleingängen auf die Flüchtlingskrise
reagieren. „Kurzfristig kann man immer versuchen, eigene Probleme zu
Lasten der Nachbarn zu lösen. Auf Dauer funktionieren wird es nicht“,
sagte der CDU-Politiker dem stern. Wenige Tage vor dem
EU-Sondergipfel mit der Türkei fügte Altmaier mit Blick auf die sich
wegen der versperrten Balkanroute zuspitzenden Lage in Griechenland
hinzu: „Wer Zäune baut, löst keine Probleme, sondern kippt sie
anderen vor die Tür.“
Altmaier gab sich gegenüber dem stern trotzdem zuversichtlich,
dass sich der deutsche Weg, den Flüchtlingsstrom ohne
Grenzschließungen einzudämmen, in der EU durchsetzen werde. Es sei
ein „mühsames Unterfangen“, aber „je länger eine Krise dauert, desto
mehr ist Europa in der Lage, gemeinsame Ansätze zu entwickeln“, so
der Kanzleramtschef. Altmaier, der als einer der engsten Vertrauten
von Bundeskanzlerin Angela Merkel gilt, räumte ein, dass sich die EU
derzeit in einem schwierigen Zustand befindet. Auf einer Skala von
null bis zehn befinde sich die Gemeinschaft „was das
Problembewusstsein angeht, bei sechs, vielleicht sechseinhalb. Was
das gemeinsame Handel angeht, bei vier, höchstens viereinhalb“, so
Altmaier. „Es ist noch genügend Luft nach oben.“
Eine Absage erteilte der Minister Plänen und Vorschlägen, dass
sich EU-Mitglieder von ihrer Verantwortung freikaufen können,
Flüchtlinge zu übernehmen. „Flüchtlinge handelt man nicht gegen
Geld“, sagte Altmaier dem stern. Zugleich stimmte er die Deutschen
auf eine länger anhaltende Beschäftigung mit den Folgen der
weltweiten Flüchtlingsströme ein. Diese würden „uns noch sehr lange
beschäftigen. Das müssen wir lernen.“ Alles andere sei
„Wunschdenken“.
Über sein eigenes Befinden sagte Altmaier, der für die
Bundesregierung die Flüchtlingspolitik koordiniert: „Mich beschäftigt
die Flüchtlingssituation, wenn ich morgens aufstehe, wenn ich ins
Bett gehe – und tagsüber sowieso. Aber ich schlafe gut. Wenig, aber
gut. Ich bin mit mir im Reinen.“
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