Patentverein.de kritisiert das geplante EU-Patent-Regelwerk als mittelstandsfeindlich / Verband ruft zu wachsamer Begleitung vor Ratifizierung im Parlament auf

Die derzeitige Ausgestaltung des kommenden
EU-Patents ist kein Grund zum Jubel für den Mittelstand. Das stellt
Dr. Heiner Flocke, Vorsitzender des Verbands Patentverein.de, fest.
Die geplante Einführung des EU-Patents und der vereinheitlichten
Gerichtsbarkeit (UPC) bleibt trotz aller Zuversicht von Benoît
Battistelli, Präsident des Europäischen Patentamts, offen und
spannend. Präsident Battistelli verkündete Mitte Dezember 2015 in
einer Pressemeldung, dass das europäische Einheitspatent seine
vorletzte Hürde genommen hätte und startklar sei, weil die
beteiligten EU-Staaten das Regelwerk im Verwaltungsrat des
Europäischen Patentamts abgesegnet haben. Er sagte in München: „In
rechtlicher, technischer und operativer Hinsicht wären wir nun in der
Lage, Einheitspatente zu gewähren.“

Die tatsächliche Situation

Das EU-Patent gibt es noch nicht, da die Ratifizierungen der
Partnerländer eher schleppend verlaufen und die Zustimmungen von
Deutschland und dem Vereinigten Königreich als faktisch wichtigste
Player im Patentwesen zwingend und noch offen sind.

Unerwähnt blieb in der Pressemeldung auch, dass in einer
langjährigen Übergangsfrist neben dem EU-Patent auch das bestehende
EP-Bündelpatent und die nationalen Anmeldungen erhalten bleiben, und
zwar mit allen Wahlmöglichleiten für die Anmelder und mit
zusätzlichen nachträglichen Opt-Out- beziehungsweise
Opt-In-Möglichkeiten, damit auch für oder gegen Gerichtsstände und
Rechtsprechungen. De facto besteht dadurch zum Beispiel die
Wahlmöglichkeit für ein vereinheitlichtes Patentgerichtsverfahren zu
Verletzung und Nichtigkeit oder für das durchaus kritisch betrachtete
deutsche Trennungsprinzip mit unabhängigen Verletzungsverfahren vor
den Zivilgerichten und der Überprüfung eines Patents vor dem
Patentgericht. Letzteres entscheidet durchaus auf Nichtigkeit eines
Streitpatents, eben auch nach Verurteilung wegen vermeintlicher
Verletzung. Die „Patenttaktik“ wird für die Unternehmen hohen
Rechtsberatungsaufwand nach sich ziehen, um die
Gestaltungsmöglichkeiten bis hin zu trickreichen Winkelzügen
auszuloten.

Es wurde weiterhin in der Berichterstattung ausgeführt: „Die
Unternehmen sparen sich mit dem neuen EU-Patent Aufwand, Gebühren und
Ãœbersetzungskosten, und das Patentgericht in Paris entscheidet
EU-weit“. Diese Aussage ist in der Kürze irreführend und unbedingt zu
relativieren. Der allseits umworbene Mittelstand kann sich in einem
solchen wahlfreien System nicht aus seiner bestehenden
patentrechtlichen Verteidigungsposition und aus der Bedrohung durch
missbräuchliche Auswüchse im Patentwesen befreien. Auch wenn der
Patentverein die Grundsätze des EU-Patents und eines vereinheitlichen
Gerichts begrüßt, so ist die Praxis zur Einführung des EU-Patents
eher mittelstandsfeindlich zu nennen. Als Folge erwarten wir zum
einen ein eher abstinentes Abwarten des produzierenden Mittelstands
beim EU-Patent und im Ãœbrigen einen relativen Zuwachs der nationalen
Patentanmeldungen, die dem Anmelder das Bedrohungspotenzial auch aus
zweifelhaften Patenten in einem Rechtssystem nach dem
Trennungsprinzip erhält. Der Mittelstand nimmt am Patentwesen nicht
entsprechend seiner wirtschaftlichen Bedeutung teil und gerät
gegenüber den Konzernen allein in den Patent-Anmeldezahlen immer
weiter ins gefährliche Abseits. Darüber hinaus ist er auch bei der
Vorbereitung und Gestaltung des EU-Patents nur unzureichend gehört
worden.

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