Neues Deutschland: zur Afghanistan-Politik der USA

War das etwa der Abschied vom angekündigten Abzug,
wie manche orakeln? In seinem ersten Interview auf neuem Posten
stellte der Afghanistan-Kommandeur der NATO Petraeus den von
US-Präsident Obama für Juli nächsten Jahres angekündigten
Truppenabbau in Frage. Seine Formel: Das Ganze sei ein Prozess, kein
Ereignis und an Bedingungen gebunden. Mithin müsse man beim Termin
flexibel sein. Stolpert Obama also schon ein paar Wochen nach
Ablösung des unbotmäßigen Vorgängers McChrystal vom Regen in die
Traufe? Schließlich sollte der zum Heilsbringer am Hindukusch
verklärte General die Strategie des Weißen Hauses retten.
Pentagon-Chef Gates beeilte sich dann auch zu erklären, dass am
Abzugsbeginn in einem Jahr kein Zweifel bestehe. Wie lange der sich
hinziehen wird, ließ er aber offen. Dagegen spekulierte Gates
darüber, dass man vielleicht schon im Frühjahr mit der Übergabe der
Sicherheitsverantwortung an die Afghanen beginnen könne – zunächst in
»weniger gewaltsamen Gebieten«. Nur werden die immer rarer. Mit 66
getöteten Soldaten war der Juli der bislang blutigste Monat für die
US-Truppen in Afghanistan. Seit Beginn der Invasion vor neun Jahren
sind es über 1200. So viele Zivilisten wurden allein in den ersten
sechs Monaten dieses Jahres Opfer des Krieges, der auch in den USA
immer unpopulärer wird und derzeit so wenig Unterstützung wie nie
zuvor erfährt. Was noch manchen Zeitplan ins Wanken bringen könnte.

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