Eigentlich ist es makabrer Medizinerwitz: Operation
gelungen, Patient tot. Bei der Kommandoaktion gegen Osama bin Laden
aber war genau das offenbar das Ziel: den Topterroristen ins Jenseits
zu befördern und nicht einmal kurzen, sondern überhaupt keinen
Prozess zu machen. Zwar behaupten nun diverse Experten, man hätte den
Al-Qaida-Chef gern auch verhaftet, aber der Kopfschuss spricht wohl
eine andere Sprache. Dabei wäre ein Prozess gegen Bin Laden genau das
gewesen, was die Stärke des Rechtsstaats, der Demokratie ausmachen
sollte: sich nicht in die verheerende Logik von Gewalt und
Gegengewalt ziehen zu lassen, sondern mit zivilisatorischen,
politischen Mitteln vorzugehen. Wie ernst es etwa der
Bundesregierung mit solchen Prinzipien ist, zeigt die erste Äußerung
von Angela Merkel: Sie freue sich, »dass es gelungen ist, Bin Laden
zu töten«. Von politischen Erwägungen abgesehen wird es ihr Geheimnis
bleiben, wie einer bekennenden Christin ein solcher Satz über die
Lippen kommen kann. Er erinnert fatal an jene bedingungslose
Solidarität, mit der Gerhard Schröder die Deutschen an der Seite der
USA in den Afghanistan-Krieg führte. Da wundert es schon nicht mehr,
dass auch der UN-Sicherheitsrat mit deutscher Beteiligung den Tod Bin
Ladens ausdrücklich begrüßte. Wer so redet, hat seinen Frieden damit
gemacht, dass Krieg und Tod zum normalen politischen Geschäft
gehören.
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