Es ist noch keine vier Wochen her, da erklärte
Generalsekretär Rasmussen nach einem NATO-Sondertreffen, dass die
Allianz nicht gedenke, in Libyen militärisch einzugreifen. Acht Tage
später war das größte Militärbündnis der Welt »bereit für jeden
Eventualfall«. Und nachdem der zähe Streit um Führungsfragen
beigelegt wurde, überschlagen sich nun die Entscheidungen. Erst
einigte sich der Nordatlantikpakt auf eine Seeblockade gegen
Waffenschmuggel, wenig später folgte der Formelkompromiss über die
Kontrolle der immer weiter ausgedehnten Flugverbotszone, und dann kam
gestern die Nachricht, dass man den Militäreinsatz in Libyen
ausweiten und in der nächsten Woche auch das Kommando über alle
Bombardements übernehmen wolle. Schon am Sonntag könnte darüber
endgültig entschieden werden. Eine Lösung für die politische Führung,
die Frankreichs innenpolitisch unter Druck stehender Präsident
Sarkozy so gern übernommen hätte, dürfte sich finden. Wahrscheinlich
wird ein Leitungsgremium, in dem alle elf bisher an den Luftangriffen
beteiligten Staaten vertreten sind, die Allianz politisch beraten.
Damit stünde die NATO dann endgültig in einem neuen Krieg – ohne dass
die Bundesregierung im NATO-Rat widersprochen hätte. Und Sarkozy hat
auf dem EU-Gipfel schon unverhohlen weiteren arabischen Staaten mit
Militärschlägen gedroht. So muss man befürchten, dass wir schon bald
den nächsten NATO-Beschluss dazu haben werden.
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