Die Gestaltung von Wertschöpfungsprozessen im Unternehmen zielt klassischerweise darauf ab, seine Wettbewerbsvorteile aufgrund einzigartiger Produkte, Technologie oder Patente gegen Mitbewerber abzuschotten, sie vor Nachahmungen zu schützen. Für bestimmte Situationen und Märkte schlagen Detlef Schoder und Steffen Muhle (Strategisches Innovationsmanagement) jedoch auch einen gegenteiligen Weg vor – den der kontrollierten Öffnung.
Ein anschauliches Beispiel für eine solche Öffnungsstrategie ist die Strategie von Google. Der Internetkonzern verfolgt das Ziel, die Möglichkeiten für kostenpflichtige Werbeanzeigen stetig auszuweiten. Um dieses Ziel zu erreichen, teilt Google bestimmte Informationen und Technologien und bietet sie zur freien Nutzung an. Dazu zählen beispielsweise die Google-Maps-Suche, die in fremde Webseiten kostenlos integriert werden kann, oder die Öffnung des mobilen Betriebssystems Android, das mittlerweile als Standard bei vielen Smartphone-Konkurrenten von Apple zum Einsatz kommt.
Die beiden wichtigsten Überlegungen bei der Öffnung eigener Wertschöpfungsprozesse sind die Definition der Zielgruppen, die einen Zugriff bekommen sollen (wer darf zugreifen und warum?) und die Kontrolle des Zugriffs (Nutzungsrechte und -bedingungen; wer gewährt und entzieht den Zugriff?). Hierfür empfiehlt sich eine schrittweise Vorgehensweise:
Ressourcenwahl: Öffnen Sie nur solche Wertschöpfungsprozesse, die die Kernkompetenzen Ihres eigenen Unternehmens stärken.
Öffnungsmethode: Sie können Know-how in Form von Wissen, Standards oder Schnittstellen öffnen, die dritten Unternehmen die Nutzung bestimmter Applikationen oder Produkte erleichtern und zu deren Weiterentwicklungen beitragen, wie z.B. die Integration von Applikationen in XING, Twitter, Facebook oder Webseiten.
Partnermotivation: Bevor Sie loslegen, sprechen Sie potentielle Wertschöpfungspartner an und zeigen ihnen einen überzeugenden Nutzen auf. Geöffnete und bereitgestellte Ressourcen werden nur dann von Dritten akzeptiert, wenn sie für diese einen zusätzlichen Wert schaffen, unkompliziert zu integrieren sind und evtl. noch in sozialer Hinsicht motivieren, indem sie beispielsweise einen Expertenstatus in einer Branchen-Community verleihen.
Erlösmaximierung: Um gleichzeitig einen finanziellen Anreiz für die Nutzung der geöffneten Ressourcen zu setzen, überlegen Sie sich auch ein Erlösmodell (Ausbau des Kerngeschäfts, mögliche Zusatzerlöse) für Ihre zukünftigen Partner.
Vorteilssicherung: Rund um geöffnete Ressourcen bilden sich, sofern sie attraktiv gestaltet sind, sehr schnell neue Communities, deren Kreativität kaum Grenzen kennt. Um hier am Ball zu bleiben und die Vorteile und den Nutzen für beide Seiten zu sichern, beobachten Sie die Entwicklung genau, um rechtzeitig auf Veränderungen zu reagieren.
Auch wenn solche Öffnungsstrategien nicht sofort auf alle Branchen und Unternehmen zu übertragen sind, lohnt es sich, seine strategischen Überlegungen um diese Denkvariante zu erweitern. Manchmal ergeben sich daraus ungeahnte Chancen. Probieren Sie es einfach aus und haben Sie Mut zu kreativen Ideen.
Foto: Brigitte Averdung-Häfner
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