Humane Entscheidung
Der Internationale Gerichtshof hat die Unabhängigkeit des Kosovo
für rechtens erklärt und sich der normativen Kraft des Faktischen
gebeugt. Das Urteil ist zwar nicht bindend. Das höchste Gericht der
UNO leistet damit jedoch einen wichtigen Beitrag zur Humanisierung
des Völkerrechts.
Denn lange galt die Souveränität eines Staates als unantastbar,
solange er keine Bedrohung für ein anderes Land oder den Weltfrieden
darstellte. Ob ein Tyrann seine Bevölkerung massakriert, galt nach
alter Lesart des Völkerrechts als „innere Angelegenheit“. Jetzt kann
der Wahrung der individuellen Menschenrechte, dem Schutz von
Minderheiten und deren Selbstbestimmungsrechten im Zweifel größere
Bedeutung als der Souveränität eines Staates beigemessen werden.
Im Kosovo war es daher völkerrechtlich legitim, durch eine
US-geführte Streitmacht den Truppen des damaligen Despoten Slobodan
Milosevic Einhalt zu gebieten, um einen drohenden Völkermord zu
verhindern. Zudem billigte der Internationale Gerichtshof der
früheren serbischen Provinz, sich vom Erzfeind loszusagen. Dass mit
diesem Urteil die etlichen ethnischen Konflikte auf der Welt
eskalieren, wie Serbien, Russland, China und selbst Spanien
befürchten, ist nicht zu erwarten. Ob es zu Bürger- und
Sezessionskriegen kommt, hängt von vielen Faktoren ab – etwa von
militärischer Stärke – , aber nicht von einem Richterspruch in Den
Haag.
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