Neue OZ: Kommentar zu Italien / Regierung

Berlusconi bleibt geschwächt

Für Silvio Berlusconi war dieser Mittwoch ein Schicksalstag. Nun
kann der Premier erst einmal aufatmen, doch Anlass zum Jubeln hat er
nicht. Das Misstrauensvotum gegen den unter Korruptionsverdacht
stehenden Staatssekretär Giacomo Caliendo ist zwar gescheitert – aber
auch nur, weil sich die 33 abtrünnigen Anhänger um Berlusconis
früheren Juniorpartner Gianfranco Fini enthalten haben. Derzeit ist
in Italien eben keine Partei wirklich an Neuwahlen interessiert,
selbst wenn so mancher Politiker das Gegenteil beteuert.

Auch wenn Berlusconi den ersten Stresstest nach dem Zerwürfnis mit
Fini somit bestanden hat, ist der Ministerpräsident weiter
geschwächt. Eine stabile Regierung sieht anders aus. Die
Machtverhältnisse in Rom bleiben unklar und dringend notwendige
Reformen im Stau stecken. Gut möglich, dass die Anhänger um den
gereiften Parlamentspräsidenten Fini schon bei der nächsten
Abstimmung gegen die Mitte-rechts-Regierung stimmen.

Die Scheidung von Fini und Berlusconi belegt im Ãœbrigen, dass das
absolutistische Politikverständnis des Cavaliere auf wachsende
Ablehnung stößt. Dies zeigen auch die sinkenden Umfragewerte für
Berlusconis Partei mit dem hohl klingenden Namen „Volk der Freiheit“.

Nötig wäre in Italien eine Übergangsregierung, die für ein neues
Wahlgesetz eintritt. Dann könnte es solide Mehrheitsverhältnisse
geben und nicht mehr so wackelige wie derzeit.

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