Ohne Demut geht es nicht
An der Ausrüstung liegt es nicht. Nicht an der Präzision von
Wetter- und Lawinenvorhersagen oder an der Ausbildungsqualität von
Bergführern. All dies ist in den vergangenen Jahren sehr viel besser
geworden. Dasselbe gilt für den Empfang von Handys im Hochgebirge.
Die sind längst zum segensreichsten Mittel geworden, Bergrettungen
rechtzeitig einzuleiten.
Warum verzeichnete dann der Alpenverein immer noch 95 Bergtote im
vergangenen und 40 in der ersten Hälfte dieses Jahres? Diese Zahlen
weisen wie die Zunahme der Unfälle insgesamt auf das Kernproblem:
Selbstüberschätzung und mangelndes Risikobewusstsein, gepaart mit
übergroßem Ehrgeiz, der vom Berufsleben in die Freizeit übertragen
wird. Feststellbar speziell unter einer rasch und stark wachsenden
Zahl von Bergsportlern, die im Zuge der Fitness-, Outdoor- und
Adventure-Welle auf die Berge schwappen, ohne sie zu kennen. Dass
sich aber der Schwierigkeitsgrad einer Route etwa bei Schneeeinbruch
radikal erschwert, gilt nicht nur an Eiger oder Everest, sondern
schon auf jeder anspruchsvollen Bergwanderung. Entsprechend weisen
die aktuellen Statistiken aus Österreich und der Schweiz die Wanderer
und nicht etwa die Kletterer oder Ski- und Snowboardfahrer als die
Gruppe mit den meisten Bergtoten aus. Will sagen: So wichtig
Ausrüstung, Kondition und Handy sind – sie ersetzen nicht die Demut,
die im Sport am Berg zwingend dazugehört.
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