Schuss vor den Bug
Die einen schalten große Anzeigen in Zeitungen, die anderen planen
Großdemonstrationen im Regierungsviertel: Je näher der Tag der
Entscheidung über das Energiekonzept der Bundesregierung rückt, desto
aufgeregter wird über das Pro und Kontra längerer AKW-Laufzeiten
gestritten. Das kann man kritisieren, muss man aber nicht. Denn
Klappern gehört nun mal zum Handwerk.
Interessanter ist die Frage, wer geschickter vorgeht und so
letztlich den größeren Einfluss auf die Entscheidung der Kanzlerin
und der Koalition haben wird. In dieser Frage sind die Würfel noch
lange nicht gefallen. Möglicherweise geht der Schuss vor den Bug, den
die Topmanager jetzt in Richtung der Koalition abgeben, sogar nach
hinten los. Denn je lauter die Wirtschaft ihre Positionen postuliert,
desto attraktiver wird es für die Bundesregierung, sich eher der
Seite der Atomkraftkritiker anzunähern. Schließlich ist die Mehrheit
der Bürger dagegen, die Laufzeiten der Kernkraftwerke allzu sehr zu
verlängern. Und so erscheint es für die Volksparteien CDU/CSU
verlockend, Unabhängigkeit von Interessengruppen zu demonstrieren.
Im Übrigen muss man kein Prophet sein, um einen klassischen
Kompromiss vorherzusagen. Ja, die Energiewirtschaft wird ein wenig
mehr zur Kasse gebeten. Aber nein, sie hat nichts Radikales zu
befürchten und darf vorerst weiter viel Geld mit Atomstrom machen.
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