Neue OZ: Kommentar zu Bosnien

EU braucht eine neue Formel

Wahlen plus reichlich Geld von außen gleich Frieden, Demokratie,
stabiler Staat: Man muss nicht bis Afghanistan schauen, um zu
erkennen, dass diese entwicklungs- und sicherheitspolitische
Gleichung nicht aufgeht. Auch in Bosnien-Herzegowina ist die für
westliche Steuerzahler so teure amerikanisch-europäische Illusion
geplatzt.

Schließlich haben erschreckend viele Bosnier die Kräfte von
gestern gewählt. Die bosnischen Serben bestätigen einen regionalen
Regierungschef im Amt, der den Anschluss an Serbien betreibt. Auch
die bosnischen Kroaten stärken Politiker, die an der Aufspaltung
entlang völkischer Trennlinien festhalten. Also an dem, was die
Präsidenten Milosevic, Karadzic, Tudjman einst mit Gewalt versuchten.
Ein solches Ergebnis verwehrt dem Land 15 Jahre nach Kriegsende die
Einheit. Es verbaut ihm den Weg in die EU.

Die wird sich daher eine neue Formel für Bosnien einfallen lassen
müssen. Eine, die Unterstützung nur noch zielgenau auf unteren Ebenen
in Staat und Gesellschaft gewährt und nur dort, wo die Zeichen auf
Einigung stehen. Eine Formel auch, die den Friedensvertrag von Dayton
als Quasi-Verfassung Bosniens aushebelt und alles stärkt, was eine
funktionierende, föderale Gesamtstaats-Ordnung fördert.

Zugegeben, das hat mit freier Selbstbestimmung wenig zu tun. Aber
die hatte Bosnien noch nie; und mit den alten Rezepten geht es auch
die kommenden 15 Jahre keinen Schritt voran.

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