Gespür für die Masse
Mit hohen Mauern abgeschirmt hatten sich beide – der jetzt
verstorbene Theo Albrecht und sein Bruder Karl, die vor einem halben
Jahrhundert Deutschlands führenden Lebensmitteldiscounter Aldi
gegründet haben. Man kann die Strategie dieses Unternehmens kritisch
sehen, gehört dazu doch eine Einkaufspolitik mit spitzem Bleistift
und rigorosen Vorgaben, was Aldi-Zulieferer im stark agrarisch
geprägten westlichen Niedersachsen bisweilen schmerzhaft spüren. Ein
treffliches Beispiel dafür ist der Verfall der Milchpreise im vorigen
Jahr, an dem Aldi großen Anteil hatte.
Eines lässt sich aber bei den Albrecht-Brüdern nicht kritisieren:
ihr Unternehmergeist und ihr Gespür dafür, wonach die Masse der
Verbraucher in Deutschland nach der entbehrungsreichen Zeit des
Wiederaufbaus verlangte. Das waren vor allem günstige Lebensmittel in
guter Qualität. Auf deren Bereitstellung hat sich Aldi konzentriert,
und das mit einer vorbildlichen Konsequenz. Dass der deutsche Markt
heute europaweit als einer derjenigen mit den niedrigsten
Lebensmittelpreisen gilt, ist auch den Albrechts zu verdanken. Das
hat sogar eine sozialpolitische Dimension.
Am starken Neid in Deutschland änderte das nichts. Dieser trieb
Theo Albrecht hinter seine hohen Mauern. Denn auch er wurde wie
andere Superreiche, etwa Susanne Klatten oder Richard Oetker, eines
Tages Opfer eines Verbrechens. Man hätte gern mehr von ihm gehört und
gesehen.
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