NABU gedenkt mit Mahnwache ausgestorbenen Tieren und Pflanzen – Aktion zur Weltnaturschutzkonferenz

Mit einer Mahnwache vor dem Brandenburger Tor haben
NABU-Aktive kurz vor dem Weltnaturschutzgipfel im japanischen Nagoya
der bereits zahlreichen ausgestorbenen Pflanzen und Tiere gedacht und
vor dem weiter voranschreitenden Artensterben gewarnt. Großformatige
Porträts verschwundener Tiere und Pflanzen, darunter Auerochse,
Chinesischer Flussdelfin, Elfenbeinspecht und Szaferi-Birke sollten
die Politik daran erinnern, dass nicht mehr viel Zeit bleibt, einen
weltweiten Rettungsplan für die bedrohte Natur auf den Weg zu
bringen. Taschentücher mit der Botschaft „Es ist zum Heulen“ und den
Bildnissen der vermissten Tiere wurden an Passanten verteilt. Die
Forderung „Stoppt das Artensterben“ richteten die NABU-Aktiven auch
an Bundesumweltminister Röttgen und die EU-Umweltminister, die sich
am heutigen Donnerstag in Luxemburg treffen, um ihre
Verhandlungsposition für Nagoya festzulegen.

„Ursprünglich wollten die Staats- und Regierungschefs das
Artensterben weltweit bis 2010 verlangsamen, in der EU sogar stoppen.
Von diesem Ziel sind wir im Internationalen Jahr der Biologischen
Vielfalt weit entfernt. Wir erwarten, dass in Nagoya die Gräben
zwischen Industrie- und Entwicklungsländern weiter geschlossen
werden, wenn es um die Nutzung und Sicherung natürlicher Ressourcen
geht. Deutschland muss gemeinsam mit den anderen EU-Staaten als Motor
wirken, um die Verhandlungen voranzubringen. Ein Pokern bis zur
letzen Minute zahlt sich nicht aus. Das hat das Scheitern des
Klimagipfels in Kopenhagen gezeigt“, sagte NABU-Präsident Olaf
Tschimpke bei der Mahnwache.

Der NABU fordert von den Regierungen der Welt, auf der
UN-Konferenz in Japan (18.-29.10.) eine Strategie zur Rettung der
biologischen Vielfalt und von Ökosystemen zu beschließen. Bis 2020
müsse eine Trendwende erreicht und ein Großteil der Lebensräume und
Arten auf dem Weg der Erholung sein. Vor allem müssten die
Industrieländer verbindliche Zusagen zum Schutz der biologischen
Vielfalt machen. Deutschland und die anderen EU-Staaten müssten sich
insbesondere bei der Bekämpfung der Biopiraterie stärker engagieren,
um eine Einigung in Nagoya zu ermöglichen.

„Große Konzerne aus dem reichen Norden sichern sich Patente an
Pflanzen und dem Anwendungswissen der viel ärmeren
Entwicklungsländer, oft ohne um Erlaubnis zu fragen und ohne sie an
den Profiten zu beteiligen. Diese Biopiraterie geschieht, obwohl die
Biodiversitätskonvention dies seit 1992 im Prinzip verbietet. Deshalb
muss in Nagoya ein rechtlich verbindliches Protokoll verabschiedet
werden, um einen fairen Interessensausgleich zu schaffen. Auch müssen
Klima- und Naturschutz stärker als bislang miteinander verzahnt
werden“, so Jörg-Andreas Krüger, NABU-Fachbereichsleiter für
Naturschutz und Umweltpolitik.

Der NABU appellierte an die Bundesregierung, glaubwürdig
darzulegen, wie die von Bundeskanzlerin Merkel vor zwei Jahren
gemachten Finanzzusagen nun eingesetzt werden sollen. Bis 2012 sollen
zusätzliche 500 Millionen Euro und ab 2013 dann jährlich 500
Millionen Euro für den weltweiten Naturschutz zur Verfügung stehen.

„Diese Gelder müssen vorrangig für Projekte zum Schutz der
tropischen Regenwälder und für den Erhalt von Schutzgebieten
eingesetzt werden. Die Studie über die ökonomische Bedeutung von
Ökosystemdienstleistungen und Biodiversität TEEB hat nachgewiesen,
dass für die Erhaltung der überlebenswichtigen Funktionen von
Schutzgebieten weltweit jährlich etwa 45 Milliarden US-Dollar
benötigt werden, während zur Zeit nur ein Bruchteil dieser Summe zur
Verfügung steht“, so NABU-Präsident Tschimpke.

Von den weltweit bekannten 5.490 Säugetierarten sind 78
ausgestorben oder existieren nur noch in Gefangenschaft, 1.130 sind
gefährdet. Die Häufigkeit der Individuen innerhalb einer Art hat
weltweit seit 1970 um 40 Prozent abgenommen, bei Arten in Flüssen,
Seen und Marschen sogar um 50 Prozent. Jede achte Vogelart und jede
vierte Nadelbaumart ist weltweit vom Aussterben bedroht. In
Deutschland gelten knapp zwei Drittel der Lebensräume als gefährdet.

In die Rote Liste der in Deutschland gefährdeten Arten wurden 2009
zahlreiche Wirbeltiere neu aufgenommen und viele sind heute deutlich
bedrohter als noch Ende der 90er Jahre, darunter ehemals häufige
Arten wie Feldhamster, Feldlerche oder Waldschnepfe.

Alle Informationen sowie aktuelle Einschätzungen von der Konferenz
in Nagoya im Internet zu finden unter
www.NABU.de/weltnaturschutzkonferenz

Originaltext vom NABU

Pressekontakt:
Jörg-Andreas Krüger, Stellv. NABU-Bundesgeschäftsführer und
Fachbereichsleiter Naturschutz und Umweltpolitik. Tel.
30-284984-1601, mobil 0173-6004364.

Interviewpartner in Japan: Konstantin Kreiser, NABU-Experte für
Internationale Biodiversitätspolitik, verfolgt die Verhandlungen vor
Ort. In Nagoya erreichbar per E-Mail unter Konstantin.Kreiser@NABU.de
oder über die NABU-Pressestelle Tel. 030-284984-1510, -1500. Telefax:
0 30.28 49 84-2500, E-Mail: Presse@NABU.de